© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    24/01 08. Juni 2001

 
Leserbriefe

Zu: "Eine Utopie aus dem Labor" von Dieter Stein, JF 22/01

Bewahrenswerter Standpunkt

Dieter Stein hat die Sache auf "den Punkt" gebracht, wofür ihm Achtung gebührt. Man ist zwar selten einer Meinung mit Johannes Rau, aber hier hat er einen Standpunkt gefunden, der in der Historie bewahrt werden sollte, im Gegensatz zu den "Canossa-Reden" seiner Vorgänger.

Otto A. Wiesner, Heidelberg

 

 

Zu. "Pankraz, Johannes Rau und die Seele im Ei", JF 22/01

Grenze überschritten

Mit großem Interesse und häufig auch Vergnügen lese ich die Kolumne von Pankraz. Dieses Mal kann ich die Ausführungen Prof. Zehms jedoch nicht unwidersprochen lassen.Die von ihm vertretene Geisteshaltung führt die Menschheit in den Untergang.

Sicherlich kann man trefflich darüber philosophieren, ab wann ein entstehender Mensch eine Seele besitzt. Das ist aber nicht der Kern des Problems. Wenn der Mensch nicht prinzipiell von seiner Zeugung bis zum Tode als Mensch angesehen und geschützt wird, ist eine Grenze überschritten und dem Mißbrauch in Form von Abtreibung und Euthanasie Tür und Tor geöffnet. Diesen Zustand haben wir leider schon erreicht.Gefährlich wird es jedoch, wenn Prof. Zehm den Begriff der Würde als "intensiv erlebtes Selbstbewußtsein" definiert. Danach hätte die befruchtete Eizelle natürlich keine schützenswerte Menschenwürde, aber auch nicht der geistig Behinderte oder der Koma-Patient. Diesen Zustand haben wir Gott sei Dank noch nicht erreicht.

Ich bin erstaunt über die Naivität und Fortschrittsgläubigkeit, die der Idee Prof. Zehms zugrunde liegen, der Mensch hätte das Recht, in Vernunft und gegenseitiger Verantwortung an seiner Erbsubstanz herumzuexperimentieren.Mit welcher Vernunft und Verantwortung? Mit der gleichen, die uns DDT, Contergan, Treibhausgase und Überbevölkerung beschert hat? Der forschende Mensch ist wie ein Kind, das ein kompliziertes Uhrwerk öffnet, daran herumbastelt und schließlich nur Trümmer zurückläßt.

Das von Prof. Zehm postulierte "Heil der Zukünftigen" liegt nicht in der Manipulation unseres Erbgutes, sondern in einer dem Menschen angemessenen Demut vor Gottes vollendeter Schöpfung.

Nikolaus Nógrády, Hameln

 

An Dr. Faust erinnnert

Wenn man die sont sorgfältig abwägenden Beiträge des Günter Zehm schätzt, so erschrecken Eifer und Einseitigkeit im Beitrag zur Gentechnik doch ein wenig. Hat Pankraz eine Rechnung offen?

Natürlich geht den meisten die senile Redseligkeit unseres Bundespräsidenten auf die Nerven und sicher ist es dringend notwendig, Phrasen und unreflektiertem Wortgebrauch entgegenzutreten.

Doch kann man – wenn also die Existenz der Seele fraglich ist – der befruchteten Eizelle diese von vornherein absprechen? Die These vom ständigen Selbstexperiment des Menschen – vielleicht ein interessanter anthroposophischer Gedankenansatz – scheint seiner radikalen, wörtlichen Umsetzung entgegenzusehen. Falls der Mensch denn an die Verbesserung des Menschen denkt, meint er doch wohl, daß er durch geistige Anstrengung auf sich und andere wirkt und nicht auf gewissermaßen chemischer Gundlage sich neu schöpft. Das erinnert doch stark an Dr. Faust und weckt unbestimmte Ängste, was wohl bei solcher Hybris herauskommen mag. Und mit der angedeuteten Definition von Menschenwürde ließe sich auch eine Euthanasie bis zum x-ten Lebensjahr rechtfertigen. Und wenn Pankraz meint, "Ausprobieren und Bessermachenwollen" sollen dann "in Freiheit und in gegenseitiger Verabredung" erfolgen, kann ich nur fragen: Ja, wo leben wir denn?

Michael Nolting, Hamburg

 

Nicht veränderbar

Hier ist in der Denkweise von Pankraz ein großer Fehler. Seine Absicht, den Menschen zu verändern, weil der es schon immer getan hätte, verrät es. Man vergleiche es nur mit der Aussage Hajeks, in der dieser feststellt, daß, was der Mensch an Kultur geschaffen habe, nicht eine Schöpfung des menschlichen Verstandes sei. Intellektuelle, die mit einem Eingriff in die Gene, der demnächst möglich erscheint, uns einer neuen menschlichen Zielwirtschaft entgegenführen wollen, sind kaum weniger gefährlich als jene, die uns das sozialistische Paradies schaffen wollten.

Hans-Henning Bieg, Bremen

 

Leben ist beseeltes Sein

Hier irrt Pankraz. Die Existenz von Seelen ist nicht mehr Glaubenssache, sondern psychologisch bewiesen. Leben ist beseeltes Sein, was für jede ontogenetische Phase jedes Lebewesens von der Geburt bis zum Tode gilt. Entsprechend ist der Tod entseeltes Sein, wie die Sprache seit je weiß. Aus der grundbewußten Zellseele ist stammesgeschichtlich die instinktbewußte Körperseele der Tiere und aus dieser die Geistzelle des Menschen geworden. Wenn die befruchtete Eizelle "nicht einmal ein Lebewesen" wäre, dann gebührte ihr nach der Einnistung im Uterus keinerlei Schutz. Die "Mein Bauch gehört mir"-Gesellschaft läßt grüßen, die unter vielem anderen vergißt, daß sie nur bestimmen darf, ob der "Bauch" geschwängert wird oder nicht. Nach einer Schwängerung hat der Schutz des werdenden Menschen im Rahmen des Schutzes der Mutter und der Familie Vorrang!

Über Menschenwürde sollte man zu all jenen sprechen, die sie ständig gegenüber Mitmenschen jeden Alters antasten, trotz Grundgesetz.. Das Ungeborene ist in diesem Sinne noch kein Mitmensch; ihm sollte deshalb ein würdiger Schutz zuteil werden.

Prof. Dr. Fritz Preuss, St. Peter-Ording

 

 

Zum Besuch von Bundeskanzler Schröder in Österreich

Bezeichnende Übereinstimmung

SPD-Kanzler Schröder war am Samstag Gast bei Linksintellektuellen und regierungskritischen Künstlern in Wien, welche die demokratische Wahlentscheidung der Österreicher vom Oktober 1999 bis heute nicht anerkennen. An dem von André Heller initiierten Treffen nahmen – laut Presseberichten – auch die Altkommunisten Peter Turrini und Alfred Hrdlicka teil sowie der Blut- und Kot-Maler Hermann Nitsch. Er gilt als Guru der sogenannten "Toilettenkunst".

Die selbst nach dem Ende der SPÖ-Herrschaft noch großzügig vom Staat geförderten "progressiven" Künstler beklagen die "Verhaiderung der Republik" und spielen die Verfolgten eines inhumanen, kunstfeindlichen Regimes. Sogar dem SPÖ-nahen Standard geht diese Übertreibung zu weit. Am 25.Mai rügte die rote Tageszeitung die peinlichen Vergleiche mit der polnischen "Solidarnosc"-Bewegung und den russischen Dissidenten der Sowjetdiktatur. Denn von Unterdrückung der Kunst- und Meinungsfreiheit kann in Österreich keine Rede sein!

Besonders degoutant: Genosse Schröder wollte zwar der österreichischen Vizekanzlerin nicht die Hand geben, wohl aber dem "Orgien- und Mysterienmeister" Nitsch. Der von der FPÖ angeblich verfolgte Meister wühlt mit Leidenschaft in Tierkadavern, kippt eimerweise Ochsenblut über die Leinwand ("Schüttbilder") und spachtelt gern pastöse Exkremente zu braunen Reliefs. Bei seinen öffentlichen Spektakeln behängt er nackte Frauen mit Tiergedärm. Wird Herr Nitsch dem solidarischen Kanzler ein Fäkalbild fürs neue Kanzleramt verehren? Oder demnächst ein "Schlachtfest" im Berliner Reichstag inszenieren? Schöner könnte man linke Toleranz, Weltoffenheit und "Modernität" ja kaum demonstrieren!

Das wäre obendrein symbolhaft für die tiefe Verletzung deutsch-österreichischer Gemeinsamkeiten durch die arrogante Linke. Und bezeichnend für dasKulturverständnis der Sozialdemokraten in Wien und Berlin.

Herbert Rauter, Karlsruhe

 

 

Zu: "Politisch im Abseits" von Philip Plickert, JF 20/01

Deutschbewußter Rektor

Der Ausdruck "Farbe tragen, heißt Farbe bekennen" stammt von dem deutschbewußten, übrigens jüdischen, Rektor der k.k. deutschen Karl-Ferdinands-Universität Prag, Prof. Dr. Rabl. Möglicherweise gibt es noch einen älteren Vorläufer des Ausspruchs.

Herbert Paul Streibelt, Burgau

 

 

Zu: "Gegen neuen Totalitarismus" von Hans-Helmuth Knütter, JF 21/01

Politisches Panoptikum

Prof. Knütter hat eine interessante und vor allem mutige Analyse unseres politischen Systems gegeben. Viele werden ihm zustimmen und nur wenige den Empfehlungen nachkommen, weil sie die Arroganz der Machthaber spüren, die keine echte Opposition dulden und denen es ziemlich egal ist, was die Menschen von ihnen denken und erwarten dürften.

Keine der Nachkriegsregierungen hat in den vergangenen 50 Jahren einen Friedensvertrag für Deutschland erreicht, ja nicht einmal die Feindstaatenklausel für uns wurde gestrichen. Wir haben eine Art Kolonialstatus, und dafür geht es uns doch noch ganz gut. Uns werden alle Entscheidungen abgenommen, über die souveräne Staaten selbst entscheiden müssen, wie Euro, Zuwanderung u.a.

Man staunt, wie weit es die Genossen gebracht haben. Gerade wurden die Renten der Stasioffiziere weiter erhöht, während ihre Opfer darben. In Veranstaltungen und Medien gedenkt man des Todestages von Ulrike Meinhof. Die PDS ist voll etabliert, während die Republikaner, eigentlich doch CDU-Leute, die einen Linksruck nicht mitmachen wollten, wie Abtrünnige schon zu Lenins Zeiten, härter bestraft werden als wirkliche Gegner.

Wenn man zurückdenkt, wie die damalige Opposition aus Rot/Grün ständig vom Überwachungsstaat sprach, den sie nun selbst perfektioniert, möchte man eher lachen, als auf die Barrikaden zu gehen in diesem Panoptikum.

Dorothea Kunze, Bensberg

 

 

Zu: "Opfer für die Nation" von Karlheinz Weißmann, JF 21/01

Demokraten blamiert

Ein wichtiger Grund für die Zerstörung des Andenkens der Stauffenberg-Gruppe als Legende für die deutsche Jugend wird leider vergessen: Der Widerstand aus der alten Führungsschicht Preußens entstand so spät, weil das Unrecht von Versailles diese Kreise 1933 erst an die Seite des Nationalsozialismus brachte und die westlichen Demokratien Adolf Hitler die Revision von Versailles zugestanden, die sie vorher den Politikern der Weimarer Demokratie verweigert hatten. So wurden unsere demokratiebewußten Politiker und ihre Staatsform in den Augen der Bevölkerung blamiert. Ich denke da an Scheidemann, Ebert, Noske, Erzberger, Brockdorff-Rantzau, Brüning, Braun, Müller-Franken, Stresemann u.a.

Dem deutschen Widerstand wurde von den Alliierten zwar technische, aber durch die Forderung nach der bedingungslosen Kapitulation keine politische Hilfe geleistet. Dadurch wurde deutlich, daß man Deutschland nicht von Hitler befreien, sondern politisch zerstören wollte, man wollte vollenden, was man in Versailles noch nicht diktieren konnte.

Georg K. Schmelzle, Norden

 

Versäumte Pflichten

Es kommt nicht von ungefähr, daß die Zentren des konservativen Widerstandes in einem kleinen Kreis eines vormaligen exklusiven Garderegiments und eines feudalen Corps lagen, zu denen nur eine bestimmte Oberschicht Zutritt hatte. Der Konservative Ewald von Kleist-Schmelzin hatte, wie aus seiner Anti-NS-Schrift von 1932 hervorgeht, eine eindeutig antirepublikanische und antisozialistische Einstellung, die der in dieser Zeit drohenden Bolschewisierung Deutschlands nichts entgegenzusetzen hatte. Eine Volksgemeinschaft war diesen konservativen Kreisen ein Greuel, und der bitteren Not der sieben Millionen arbeitsloser Deutscher stand man konzept- und hilflos gegenüber.

Der konservative Widerstand hatte im Dritten Reich die höchsten Positionen in der Wehrmacht, der Abwehr und im Auswärtigen Amt inne und stand bis in die Kriegszeit hinein ständig mit den maßgebenden Leuten der Westmächte in London und Washington in konspirativer Verbindung. Bei den vorhandenen Kontakten mit den Westmächten wäre es seine Pflicht gewesen, alles zu versuchen, den Krieg zu verhindern oder einen der vielen deutscherseits unternommenen Versuche, zu einem Frieden zu kommen, zu unterstützen. Statt dessen zauderte und zögerte der konservative Widerstand. Gegenüber den Westmächsten hatte man schon vor Kriegsbeginn einen Putsch gegen Hitler angekündigt, aber nichts geschah, und als es dann geschah, war es zu spät und unzureichend.

Das Zaudern des Widerstandes hat Deutschland vor der Katastrophe nicht gerettet, sondern hat hierzu beigetragen. Die Vertreter des Widerstands haben dann auch nach 1945 erneut maßgebliche Spitzenpositionen im Staat erhalten; sie hätten hier die Möglichkeit und auch die Pflicht gehabt, die geistig-moralische Entwicklung bezüglich national-konservativer Haltung mitzubestimmen. Sie haben dies nicht getan, denn sonst wäre das Land der Deutschen nicht dort angekommen, wo es sich heute befindet. Man kann deshalb den wohlmeinenden Versuchen von Karlheinz Weißmann und Dieter Stein, den Widerstand zu mythologisieren, keine Chance einräumen.

Mikolaus Roge, Stuttgart

 

 

Zu: "Eine Kampagne gegen die Geschichte", Interview mit Wolfgang Venohr, JF 21/01

Abwehr hatte Vorrang

Dr. Venohr behauptet, die Verräter vom 20. Juli 1944 hätten "nur" Hochverrat begangen. Dem widerspricht die Kontaktaufnahme dieser Leute mit dem Feind. Das nannte man überall und zu allen Zeiten Landesverrat. Allgemein gilt: Verrat auf der Feindseite ist gut, doch der Verräter wird verachtet.

1914, in der Not von außen, sagte der Kaiser sinngemäß: "Ich kenne keine Parteien mehr, ich kenne nur noch Deutsche". Und das ganze Volk verstand und folgte ihm. 1944 mögen Mitglieder der Revolte auch Ideale gehabt haben. Doch bei allen großen Entscheidungen müssen Abstriche gemacht werden, die größte Gefahr muß erkannt werden und ihre Abwehr Vorrang haben. Und diese war damals der unbarmherzige Gegner – hundertfach erwiesen durch die Bombardierung der Zivilbevölkerung in den deutschen Städten.

Hans Heine, Neuenkirchen

 

 

Zu: "Ein Sieg für die Familie" von Mina Buts, JF 16/01, und den Leserreaktionen

Furcht der Kinderlosen

Als Vater von drei Kindern – alle drei Abitur und Studium – haben wir, meine Frau und ich, außer dem lumpigen Kindergeld, das anstelle der Kinderfreibeträge gezahlt wird, noch keine Leistungen aus der Staatskasse erhalten. Daß sich Eltern über die Verbrauchssteuern diese "Leistungen" selbst bezahlen, sollte sich langsam herumgesprochen haben. Wo also bleiben in meinem und vielen anderen Fällen die Leistungen der Kinderlosen an uns?

Die Kinderlosen haben inzwischen messerscharf erkannt, daß sie in der Tat kaum eine Altersversorgung zu erwarten haben, weil sie es sind, die den Generationenvertrag, der auf den Säulen "Beiträge für die Rente der Eltern" und "ausreichend Kinder für die eigene Rente" steht, aufgekündigt haben. Vielleicht sollten wir langsam aufhören, uns Gedanken darüber zu machen, ob irgendwelcher Atommüll 25.000 oder 25.100 Jahre strahlt, und zur Kenntnis nehmen, daß bei gleichbleibendem regenerativem Verhalten die Deutschen in nur ca. 150 Jahren bis auf einen kläglichen Rest ausgestorben sein werden.

Die sozialen Verwerfungen, die diesem Volkstod vorausgehen werden, werden furchtbar sein. Aber damit nicht genug: Mord und Totschlag, Bürgerkrieg aller gegen alle werden mit einer Wahrscheinlichkeit kommen wie das sprichwörtliche Amen in der Kirche

Eberhard Ferreau, Homberg

 

 

Sogar Vater zweier Kinder

Leider muß auch der Verfasser dieser Zeilen gestehen, ob der tollen Familienförderung in Deutschland schwach geworden zu sein. Ich bin sogar Vater zweier Kinder! Und meine Frau hat ihren schlecht bezahlten Lehrerberuf vorübergehend aufgegeben, um auch noch das Erziehungsgeld kassieren zu können. Schande über unser Haupt!

Stefan Leschniok, Münster

 

 

Umkehr der Situation

Vielleicht kommt der Leserbriefschreiber ja mal in die unangenehme Situation als hochbetagter, hinfälliger Mensch von einer jungen Pflegekraft die lustgewinnfrei "intensive Beschäftigung mit seiner fäkalienverschnierten Einwegwindel" ertragen zu dürfen. Vielleicht von einer deutschen Krankenschwester, die seine eigene Tochter hätte sein können – sofern er nicht in die Hände einer zugewanderten Dunkelhäutigen gerät. Vielleicht empfindet er dann sogar Dankbarkeit für deren Eltern, die auf ihren Anteil an "wohlverstandenem Eigennutz" und Selbstverwirklichung verzichtet haben.

Martin Hartmann, per e-mail


 
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