© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    22/01 25. Mai 2001

 
Fatales Fanal
von Ekkehard Schultz

Am vergangenen Freitag wurde mit den Stimmen der Regierungskoalition im Bundestag das sogenannte "zweite Gesetz zur Änderung und Ergänzung des Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetzes", das die Berechnung der Rentenansprüche ehemaliger Stasi-Bediensteter sowie von Angehörigen und Beschäftigten in sogenannten "systemnahen DDR-Funktionen" regelt, verabschiedet. Nunmehr werden die Renten dieser Personen auf das durchschnittliche Rentenniveau in Mitteldeutschland angepaßt. Die Rentenkassen müssen sich auf Nachzahlungen in Höhe von 700 Millionen Mark einrichten, die jährlichen Zusatzkosten werden auf rund 325 Millionen Mark geschätzt. Dagegen gehen die Opfer der DDR-Diktatur erneut mit ihren Forderungen nach einer "Ehrenpension" leer aus.

Selbst wenn man berücksichtigt, daß sich der zur Abstimmung gebrachte Entwurf an Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts orientierte, ist die Entscheidung ein fatales Fanal. Während die Täter von gestern lautstark ihre Interessen nicht nur mit Hilfe einer im Bundestag vertretenen Partei artikulieren können, müssen die Opfer zum wiederholten Male registrieren, daß sie, etwas mehr als zehn Jahre nach der Wiedervereinigung, bestenfalls noch als lästiger Ballast betrachtet werden. Ihre Verbände sollten sich endgültig von der Fiktion lösen, daß die Regierung Schröder ihre Anliegen besser als deren Amtsvorgänger vertreten könnte. Alle diesbezüglichen Versprechungen haben sich mit der jüngsten Abstimmung als reine Seifenblasen entpuppt.


 
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