© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    21/01 18. Mai 2001

 
"Symbol christlicher Leitkultur"
Paneuropa-Tagung: CDU-Ministerpräsident Roland Koch hält EU-Erweiterung für Chance / Bernd Posselt unterstützt Havels Initiative
(JF)

Bei der Hauptkundgebung der 27.
Paneuropa-Tage der Paneuropa-Union (PEU) Deutschland in Fulda forderte deren Präsident, der CSU-Europaabgeordnete Bernd Posselt, die rasche Aufnahme der baltischen Staaten und der Slowakei in die Nato. Er apellierte vor 300 Teilnehmern aus 16 Ländern an die Bundesregierung, eine entsprechende Initiative des tschechischen Präsidenten Vaclav Havel "vorbehaltlos auch gegen Widerstände aus Moskau zu unterstützen, da diese Länder für unsere Sicherheit eine zentrale Rolle spielen". Bis fünf nach zwölf solle auf keinen Fall noch einmal gewartet werden, so Posselt.

Priorität in der EU-Außenpolitik muß, nach Ansicht des CSU-Abgeordneten, die rasche Einbindung aller Staaten Mittel- und Osteuropas "einschließlich der gefährdeten, wie Kroatien und Mazedonien" haben. Dies sei angesichts wachsender Bedrohungen auf dem Gebiet der ehemaligen Sowjetunion und im Mittelmeerraum überlebensnotwendig. Als Beitrittsvoraussetzungen gelten auch weiterhin die Kopenhagener Kriterien mit der Wahrung der Menschen- und Minderheitenrechte an der Spitze.

Roland Koch, Ministerpräsident von Hessen und Schirmherr der Paneuropatage, begrüßte die bevorstehende EU-Osterweiterung als Chance zur Reform der Gemeinschaft. Endlich werde eingesehen, so Koch, "daß die Erweiterung einen beiderseitigen Entwicklungs- und Reformprozeß verlangt und nicht nur die einseitige Übernahme des Gemeinschaftsrechts durch die Beitrittsländer".

Koch griff die Reformunfähigkeit des Europäischen Rates der Staats- und Regierungschefs auf und bezeichnete es als veraltetes Politikkonzept, Kompromisse hinter verschlossenen Türen auszuhandeln, was man angesichts der bevorstehenden Erweiterung nicht mehr beibehalten könne. Bundeskanzler Schröder kehre zumindest verbal zur strategischen Grundlinie Helmut Kohls zurück, nachdem er mehrmals mit antieuropäischen Aussagen auf dem Bauch gelandet sei. Koch plädierte für eine Stärkung des Europaparlaments und der EU-Kommission, für die Verwandlung des Ministerrates in eine Staatenkammer sowie für eine klare Kompetenzabgrenzung zwischen den politischen Ebenen. Er bezog sich dabei auf entsprechende Überlegungen sowohl von Bayerns Ministerpräsidenten Edmund Stoiber als auch von Bundespräsident Johannes Rau. Für die Schaffung einer Pro-Familien-Politik trat die polnische Ministerin Maria Smereczynska ein. Die Familie sei die wichtigste Institution in jeder Gesellschaft, so Smereczynska, und sei eine Institution "von speziellem Wert für die wirtschaftliche und soziale Entwicklung eines Landes".Der Fraktionsvorsitzende der christlich-liberalen Koalition im tschechischen Senat, Daniel Kroupa, dankte Posselt für seine Bemühungen um die Verständigung zwischen Tschechen und Deutschen. "Der Nationalismus hatte uns getrennt", so das tschechische Regierungsmitglied. Kommunisten und Nationalsozialisten hätten eine gewaltsame eurpäische Einigung versucht, die gescheitert sei. Jetzt gelte es die Völker in Freiheit zu vereinigen.

In einem Grußwort nannte Jean Spautz, Parlamentspräsident von Luxemburg, das Kreuz in der Fahne der Paneuropa-Bewegung ein "Symbol christlicher Leitkultur für unsere Ideen von Europa". Die PEU führe immer wieder Menschen zusammen, dafür gebühre ihr Dank, so Spautz abschließend.

Für seinen Einsatz für eine europäische Rechtsgemeinschaft erhielt der langjährige Vizepräsident des Europaparlaments und ehemaliger Chef der Paneuropaunion, Siegbert Alber, die Sonderstufe der Paneuropa-Verdienstmedaille. Alber ist heute Generalanwalt am europäischen Gerichtshof. Rudolf Kucera, Präsident der PEU-Böhmen und Mähren, sieht ein problematisches Zusammenwirken von europakritischen Kräften in der tschechischen Republik. Mit der Rede von einem "Beitritt zweiter Klasse" sinke derzeit die Zustimmung innerhalb der Bevölkerung.

Weitere Beitritte zur EU wurden erörtert, wobei der Slowakei die besten Aussichten bescheinigt wurden, nicht zuletzt dank der Zustimmung des Volkes, die zur Zeit bei 75 Prozent läge, so der slowakische PEU-Chef Juraj Stern. Der Slowakei sei es ferner gelungen, den Rückstand zu den anderen Kandidaten vollständig aufzuholen. Vertreter Kroatiens, Sloweniens und Ungarns hielten kurze Reden, in denen innereuropäische Gemeinsamkeiten betont wurden.


 
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