© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    19/01 04. Mai 2001

 
Frisch gepreßt

Germanisten. Die Hamburger Habilitationsschrift von Christa Hempel-Küter über "Germanistik zwischen 1925 und 1955" kann ihren im Titel erhobenen Anspruch nicht einlösen und erfüllt statt dessen, dies aber in vollem Umfang, die Erwartungen, die der Untertitel dieser wissenschaftshistorischen Arbeit weckt, nämlich "Studien zur Welt der Wissenschaft am Beispiel von Hans Pyritz" zu bieten (Akademie Verlag, Berlin 2000, 350 S., 98 Mark). Pyritz, der aus der Berliner "Germanisten-Schmiede" hervorging, die mit ihren Protagonisten Wilhelm Scherer, Erich Schmidt, Gustav Roethe und Julius Petersen allein schon zum Zentrum einer Geschichte der deutschen Literaturwissenschaft werden müßte, kann von Hempel-Küter vor allem überzeugend als Goethe-Interpret dargestellt werden. Dabei gelingt es ihr, die Kontinuität der gemeinhin zum Herzstück der "bürgerlichen Ideologie" gezählten "Klassik-Konzepte" nachzuweisen, die in der von Pyritz präsentierten Variante fast bruchlos aus den Dreißigern in die Fünfziger führt und ihre Sinnstiftungsfunktion ungeachtet politischer Umbrüche behielt.

Minderheiten. Der Salzburger Publizist Karl-Markus Gauß nennt sein Werk "Die sterbenden Europäer" (Paul Zsolnay Verlag, Wien 2001, 235 S., Abb., 39,80 Mark). Angesichts der überall im EU-Großraum zu beobachtenden Vergreisungsphänomene ist dieser Titel jedoch nicht als ein Menetekel in der laufenden Rentendiskussion zu verstehen, das alle Europäer anginge. Oder vielleicht doch. Denn die aussterbenden europäischen Minderheiten, die Gauß uns hier in Form locker parlierender und doch solide informierender Reiseessays vorstellt, die Sorben, die Albaner in Kalabrien, die Gottscheer Deutschen, die Juden in Sarajevo und die Aromunen in Mazedonien, könnten doch unser aller Schicksal vorwegnehmen.

Rußland. Die junge Regensburger Politikwissenschaftlerin Tanja Wagensohn erzählt uns die zehnjährige Geschichte Rußlands unter Jelzin und Putin und blickt am Ende etwas verständnislos auf ein postsozialistisches Szenario, da sie meint, daß diese Gesellschaft auf der Suche nach neuer Identität noch wie ein taumelnder Boxer wirke ("Rußland nach dem Ende der Sowjetunion", Verlag Friedrich Pustet, Regensburg 2001, 264 S., Abb., 49,80 Mark ).


 
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