© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    19/01 04. Mai 2001

 
WIRTSCHAFT
Im Banne der Inflationsdämonen
Bernd-Thomas Ramb

Vorbei sind die Zeiten geldwertstabilisierender Vorbereitungsübungen wegen der EU-Währungsunion. In den letzten Jahren des abgelaufenen Jahrtausends wirkten die Konvergenzkriterien wie polternde Geisterjäger. Preissteigerungen galt es mit allen Mitteln zu bekämpfen, selbst mit dem des ausbleibenden Wirtschaftswachstums. So wurde das Inflationsgespenst zur ausgestorbenen Spezies erklärt. Nun ist es aus der Gruft entwichen. 2,8 Prozent Preissteigerung wie im April wurden zuletzt vor sieben Jahren beobachtet. Schon im März schockierten 2,5 Prozent Inflation, nicht so sehr wegen der Höhe, sondern wegen der Penetranz, mit der die Geldentwertung die Zwei-ProzentMarke überschreitet. Seit September 2000 liegt der geringste Preisanstieg bei 2,2 Prozent, der Durchschnittswert aber bei 2,5 Prozent.

Als Übeltäter der Inflationserweckung wird der horrende Benzinpreisanstieg kolportiert. Der ist zwar im letzten Halbjahr in die Höhe geschossen, kann aber nicht alleine verantwortlich gemacht werden. Die Rohstoff- und Energiepreise haben sich insgesamt exorbitant erhöht. Beide wirken noch nicht vollständig auf die Verbraucherpreisen ein, und darin liegt das eigentliche Entsetzen über die Wiedergeburt der Inflationsgeister. Der Kostendruck ist noch auf die Endpreise zu verteilen: Deren Hauptanstieg steht noch bevor. Die Europäische Zentralbank, die sich nun der Binnenstabilität besonderes verpflichtet fühlt, nachdem der Außenwert des Euro aus ihrer Einflußzone geraten ist, hat jetzt noch weniger Spielraum für inflationsbeschleunigende Zinssenkungen. Die aber benötigt die stagnierende deutsche Wirtschaft, um der drohenden Rezession auszuweichen. Mehr aber noch braucht Deutschland ordnungspolitische Wirtschaftspflöcke zum Bann der Inflationsdämonen.


 
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