© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    14/01 30. März 2001

 
PRO&CONTRA
Braucht Deutschland eine Rechtspartei?
Wilfried Böhm / Norbert Geis

Am Ende seines Lebens hat es Konrad Adenauer als seinen "größten innenpolitischen Fehler" – unter parteipolitischen Gesichtspunkten – bezeichnet, daß er Zerfall und Untergang seines zuverlässigsten Koalitionspartners, der konservativen Deutschen Partei (DP) nicht aufgehalten habe. Der größte Fehler Helmut Kohls – ebenfalls unter diesen Gesichtspunkten – war es, trotz seiner ausschließlich "mittistischen" Politik alles dafür getan zu haben, daß sich "rechts" der CDU keine demokratische Partei etablieren konnte. "Rechts" aber ist in einer pluralistischen Demokratie genauso demokratisch wie "links", wenn der Trennungsstrich zum Extremismus deutlich gezogen wird.

Schließlich kann man die "Mitte" nur aus dem Vorhandensein von "links" und "rechts" definieren, wenn man sich überhaupt, wie es politisch korrekt üblich ist, auf diese reaktionäre Schubladisierung einläßt. Beruht sie doch auf Zufälligkeiten während der französischen Revolution vor mehr als zweihundert Jahren. Schon Willy Brandt hat sie als "Gesäßbackengeographie" verspottet. Heute herrscht der Eindruck einer ausschließlich "Mitte-fixierten" Politik vor, die sich nicht einmal scheut, bei pauschalen "gegen Rechts"-Kampagnen der Antifa-Volksfront mitzumischen, offensichtlich ohne zu bemerken, daß diese Strategie der politischen Isolierung der CDU und damit dem rot-grünen Machterhalt dienen soll. Die von der Vereinsamung bedrohte CDU sollte sich von der Kernfrage "Freiheit oder Sozialismus" leiten lassen, keinen Alleinvertretungsanspruch für die Politik der Freiheit erheben oder völlig unrealistisch von absoluten Mehrheiten träumen. Eine Diversifikation politischer Kräfte, die in einem Bündnis miteinander stehen, wie es 1990 mit der "Allianz für Deutschland" von CDU, DSU und Demokratischem Aufbruch zwischen Rügen und Thüringer Wald erfolgreich praktiziert wurde, könnte unter konsequenter Nutzung aller Möglichkeiten des Bundestagswahlgesetzes dabei Vorbildscharakter haben.

 

Wilfried Böhm ist Vorsitzender des Förderkreises Deutschland. Von 1972 bis 1994 saß er für die CDU im Deutschen Bundestag.

 

Rechts von der Union darf es keine Partei geben". Diese berühmten Worte von Franz Josef Strauß hat die Union stets beherzigt und auch in den neunziger Jahren meist mit großem Erfolg umsetzen können. Grundlage hierfür war das nicht immer populäre, aber erfolgreiche Eintreten der Union für die Wiedervereinigung und die Einheit Deutschlands, das rechte Gruppierungen bedeutungslos werden ließ. Die Union hat immer schon all die Interessen vertreten, die in das rechte Spektrum reichen, ohne dabei ihre Verankerung in der Mitte zu verlieren. Eine ausgesprochene Rechtspartei ist daher in Deutschland überflüssig.

Außerdem driften Rechtsparteien erfahrungsgemäß immer weiter nach rechts und mutieren leicht zum Sammelbecken von extremistischen Kräften. Die feste Verankerung am grundgesetzlichen Wertekonsens wird brüchig, überzeugende Abgrenzungen zum Rechtsextremismus gelingen nicht oder sind gar nicht mehr gewollt. Die Übergänge sind fließend. Die Rechtsparteien sind für viele eine Sackgasse aus poplitischer Ausgrenzung und weiterer Radikalisierung.Dagegen bietet die Union christlich, wertkonservativ und national denkenden Menschen eine politische Heimat und eröffnet Wirkungsmöglichkeiten in unserem parlamentarischen System. Die Union überläßt die Liebe zur Heimat und die Verbundenheit zur Nation nicht den Extremisten. Wir ordnen dies jedoch europäisch ein. In Fragen der inneren Sicherheit, der Ausländerpolitik und der Integration unserer ausländischen Mitbürger hat die Union immer klares Profil gezeigt und auf diese Weise zu den rückläufigen Wahlergebnissen der Rechtsparteien beigetragen. Jüngster Beleg dafür sind die Ergebnisse der Kommunalwahlen in Hessen sowie die Landtagswahlen in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz. Die Antwort auf die Frage: "Braucht Deutschland eine Rechtspartei?" haben die Wähler gegeben. Trotz zwischenzeitlicher Erfolge lautet das Ergebnis: Nein.

 

Norbert Geis ist Bundestagsabgeordneter der CSU und Vorsitzender der Arbeitsgemeischaft Recht der Unionsfraktion.


 
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