© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    12/01 16. März 2001

 
Angst vor Rechtsruck
Niedersachsen: JU-Chef Papsch wegen JF-Interview in der Kritik
Christian Vollradt

Am vergangenen Wochenende trafen sich in Hameln über 500 Mitglieder der Jungen Union (JU), um dort ihren 35. Niedersachsentag, das höchste beschlußfassende Organ des Landesverbandes, abzuhalten. Unter dem Motto "Wir bringen Bewegung ins Rathaus" stimmte sich der CDU-Nachwuchs auf die im September stattfindenden niedersächsischen Kommunalwahlen ein. Außerdem wurde die Veranstaltungsreihe "Wehrhafte Demokratie", die im letzten Jahr mit den Themenfeldern Innen- und Sicherheitspolitik begonnen hatte (die JF berichtete), mit der Beratung und Verabschiedung der "Hamelner Thesen zur Justizpolitik" abgeschlossen.

Wirbel hatte es bereits vor dem Niedersachsentag gegeben, weil JU-Landeschef Gerold Papsch in einem Interview mit der JUNGEN FREIHEIT (9/01) der Mutterpartei mangelnde Profilierung gegen die Sozialdemokraten vorgeworfen und verlangt hatte, die CDU müsse die Volkspartei der Mitte und der demokratischen Rechten sein. Der Spruchweisheit entsprechend, daß getroffene Hunde bellen, hatte die niedersächsische Unionsprominenz, bestehend aus Christian Wulff, Jürgen Gansäuer und Friedbert Pflüger, gegen den vermeintlichen Rechtsruck der JU Einspruch erhoben.

Die in Hameln ebenfalls anwesende JU-Bundesvorsitzende Hildegard Müller war nicht bereit, gegenüber der JF zu den Vorwürfen gegen Papsch Stellung zu beziehen. Müller, die sich zwar für die Kampagne "taz muß sein" einspannen läßt, hatte für alle Mitglieder des Bundesvorstands verordnet, der JF keine Interviews zu geben.

Der CDU-Landesvorsitzende Christian Wulff präsentierte sich betont jugendlich-locker in Rollkragenpulli und Sakko à la Jörg Haider, konnte aber an dessen rhetorische Fähigkeiten nicht heranreichen. Seine Kritik an der Landes- und Bundesregierung wirkte wenig mitreißend und die Delegierten dankten es ihm mit lediglich artigem, verhaltenem Beifall. Begeisterungsstürme und stehende Ovationen löste dagegen CSU-Landesgruppenchef Michael Glos bei seiner Rede am Sonntag aus. Inhaltlich bestärkte Glos den JU-Landesvorsitzenden in seiner Kritik an Teilen der Mutterpartei: Nicht als Variante, sondern als Alternative zu den Sozialdemokraten müsse sich die Union verstehen. Das Nein zu doppelter Staatsangehörigkeit, ausufernder Einwanderung und Homosexuellen-Ehe führte er diesbezüglich als Beispiele an und erhielt an diesen Stellen starken Beifall. Das strafte die Behauptung Lügen, die Basis des Verbandes murre angesichts des Kurses ihres Landesvorsitzenden.


 
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