© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    12/01 16. März 2001


Eine resolute Richterin
von Ivan Denes

Shirley Wohl Kram – eine 79jährige Dame, die seit Jahren am Federal Court für das südliche New York Recht spricht – hat es abgelehnt, die notorische Sammelklage gegen deutsche Banken einzustellen. Kläger und Beklagte haben gleichermaßen die Einstellung des Verfahrens beantragt, unterstützt von der vertraglich festgelegten Regierungserklärung, die Einstellung liege im (außenpolitischen) Interesse der USA. Der deutsche Bundestag hat jedoch gesetzlich festgelegt, daß es keine Zahlungen an NS-Zwangsarbeiter geben werde, bis in den USA für deutsche Unternehmen Rechtsfrieden eingekehrt sei. Die Richterin beanstandete aber, daß die deutschen Firmen ihre fünf Milliarden noch nicht zusammenhaben, was im deutschen Medienwald reflexartig das gewohnte antikapitalistische Gewitter auslöste.

Unbeachtet blieb dabei Krams Feststellung , das Verfahren einzustellen, wäre ungerecht gegenüber den Geschädigten, die an der laufenden Sammelklage unbeteiligt sind, man dürfte deren zukünftige Klagen nicht vorab verhindern. Und mehr: auch die demnächst Ausgezahlten blieben berechtigt, weitere Klagen anzuregen. Die Richterin hat somit einen Stützpfeiler des Stiftungsgesetzes eingerissen. Es steht in den Sternen, ob ein Berufungsgericht ihr folgen oder dem Druck von Regierung, Kläger und Beklagten nachgeben wird. Es zeitigt aber ein erhabenes Gefühl, daß es in dieser gleichgeschalteten Welt noch Persönlichkeiten gibt, die ihrem Rechtsdenken bedingungslos treu bleiben und nicht der Opportunität und der political correctness huldigen.


 
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