© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    12/01 16. März 2001


Mit gutem Gewissen
von Volker Kempf

Im Vorfeld des Grünen-Parteitags vom Wochenende in Stuttgart legte die EU-Kommission zum Familiennachzug von Ausländern einen Richtlinienvorschlag vor, der in den EU-Staaten Befremden auslöste. Denn auch Homo-Ehen und nichteheliche Partnerschaften sollten in den Genuß der Familienzusammenführung kommen – und damit fast jeder. Wer noch einen gesunden Menschenverstand hat, konnte nur fassungslos den Kopf schütteln. Das tat auch Innenminister Otto Schily.

Nur die Grünen in Deutschland, vornan deren Frontfrau Claudia Roth, zeigten sich von besagtem Papier begeistert. Laut Roths Parteitagsrede, die stürmischen Beifall fand, wollen die Grünen die "Partei des guten Gewissens" sein. Kurz gesagt: Am deutschen Wesen soll die Welt genesen. Oder was will man darunter verstehen, daß die Delegierten beschlossen, in der Asylpolitik wieder zum Stand von 1992 zurückzukehren, als die Drittstaatenregelung noch nicht galt und 400.000 statt wie später 100.000 Asylbewerber bei uns Einzug fanden? Könnte man sagen, die grüne Parteibasis sei in Stuttgart "in die Müslinostalgie" (Laurenz Meyer) zurückgefallen, verteidigten die beiden Grünen-Chefs Roth und Kuhn den Beschluß am Tag nach dem Parteitag. Leider sei der Beschluß aber politisch derzeit nicht durchsetzbar – das nahmen die Grünen-Chefs immerhin zur Kenntnis. Doch das allein reicht nicht, um ernst genommen zu werden. Das merkte auch Jürgen Trittin und lief Amok, indem er Laurenz Meyer (CDU) bezichtigte, "die Mentalität eines Skinheads" zu haben.


 
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