© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    11/01 09. März 2001

 
Meldungen

Mit ZPO und BGB gegen DVU und NPD

BONN. Die in der taz publizierte Liste der Firmen, die sich nicht an der "Zwangsarbeiterentschädigung" beteiligen, wertet der Berliner Politologe Ulrich K. Preuß in einem Gespräch mit den Blättern für deutsche und internationale Politik (Heft 2/01) als erstes Anzeichen eines hysterischen "Tugendterrors", der sich in recht problematischer Weise gegen "Minderheiten" richte. Trotzdem macht er sich für einen nicht weniger problematischen "Strukturwandel der Öffentlichkeit" (Habermas) stark. Anknüpfend an Kurt Biedenkopfs (CDU) Vorschlag, das Zivilrecht im "Kampf gegen Rechts" einzusetzen, plädiert Preuß für eine rabiate Ausweitung des Deliktsrechts und exzessive Handhabung zivilprozessualer Rechtschutzinstrumente. Dabei ist Preuß zum Erschrecken seines linksliberalen Gesprächspartners sogar bereit, regelrechte "Kataloge von strafbaren Wörtern und Sätzen" aufzustellen. Traditionelle, die freie Meinugsäußerung schützende "liberale Grenzziehungen" müsse man dann wohl zur Disposition stellen.

 

Kritik an Historie im Stile Reemtsmas

STUTTGART. Manchmal geht es unter Zeithistorikern zu wie im Pressealltag: Die Schlagzeile lesen alle, die Gegendarstellung verschwindet zwischen Sport und Heiratsanzeigen. So ist der 1.200-Seiten-Ziegelstein des Berliner Historikers Christian Gerlach über die deutsche Besatzungspolitik in Weißrußland ("Kalkulierte Morde. Die deutsche Wirtschafts- und Vernichtungspolitik in Weißrußland 1941–1944", Hamburg 1999) spaltenlang in den großen Tageszeitungen gelobt worden. Mitunter sogar deswegen, weil Gerlachs Werk, das im Verlag des Reemtsma-Instituts für Sozialforschung erschienen ist, partiell ein zentrales Ideologem der Hamburger bestreitet: die Unterstellung einer Besatzungsstrategie, die allein einem "rassistischen" Vernichtungswillen gehorcht habe. Gerlach kann immerhin weitere, sehr rational-ökonomische Motive nachweisen, hält aber an der Idee eines Vernichtungsplans fest. Der Potsdamer Historiker Bernhard Chiari hat in einer sehr luziden, aber nur von Fachkollegen rezipierten Kritik (Jahrbücher für Geschichte Osteuropas, Heft 4/00) nachgewiesen, auf wie schwachen Füßen Gerlachs These steht. Gerlach habe russische und polnische Quellen ignoriert, kenne sich mit der Geschichte Weißrußlands nicht aus, habe keine Vorstellung von dessen ökonomischer Strukturschwäche und übernehme sogar die sowjetische Version vom Widerstand der Partisanen.

 

Wir treten zum Beten vor die Kinoleinwand

REMSCHEID. Ohne Kommentar druckt die vom Remscheider Preußeninstitut und Zollernkreis herausgegebene, mit einem interessanten Aufsatz von Thomas Buske über das monarchische Prinzip ("Preußen als Paradigma") versehene Zweimonats-Zeitschrift Preußische Mitteilungen zur Förderung der preußischen Staatsauffassung und des deutschen Geschichts- und Kulturbewußtseins (Nr. 161/01) das "Niederländische Dankgebet" ("Wir treten zum Beten vor Gott, den Gerechten") ab. Dabei wären einige erläuternde Zeilen wohl angebracht gewesen. Wilhelm II. hatte dafür gesorgt, daß diese Weise in keinem evangelischen Gesangbuch fehlte, und zwischen 1918 und 1945 war sie so etwas wie die "zweite Nationalhymne" der Deutschen. Cineasten ist die ergreifende Melodie sowohl aus Veit Harlans "Kolberg" (1944) wie aus Josef Vilsmaiers "Stalingrad" (1994) im Ohr. Ein Hörerlebnis, das einem heute nur in den Lichtspiel-, nicht mehr in den Gotteshäusern vergönnt ist. Denn protestantisch-politische Korrektheit hat seit langem dafür gesorgt, Ernst von Dryander, den Hofprediger Wilhelms II., zu widerlegen, der da meinte, das Lied werde "für immer ein Besitz der evangelischen Kirche bleiben".


 
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