© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    11/01 09. März 2001

 
PRO&CONTRA
Castor-Transporte behindern?
Hubert Weinzierl / Dr. Peter Paziorek

Der Rücktransport von Atommüll aus der Wiederaufbereitungsanlage in La Hague ist für die Bundesrepublik Deutschland verpflichtend. Nachdem 1998 von der damaligen Bundesregierung die Rücktransporte aus La Hague wegen Überschreitung von Strahlengrenzwerten gestoppt wurden, verweigerte Frankreich die Annahme neuer (abgebrannter) Brennelemente aus Deutschland. Ende Januar diesen Jahres einigten sich Bundeskanzler Schröder und der französische Regierungschef Jospin darauf, die Rücktransporte von deutschem Atommüll aus La Hague wiederaufzunehmen. Ein erster Transport soll Ende März in das Zwischenlager Gorleben rollen, ein zweiter bis zum Jahresende folgen.

Die Castor-Transporte sind zwar Teil des sogenannten Atomkonsenses. Dieser sieht aber eine völlig inakzeptable Frist für den Ausstieg aus der Atomenergie vor. Der Ausstiegsbeschluß ist auch jederzeit durch eine anders zusammengesetzte Bundesregierung revidierbar. Es ist von daher unabdingbar, daß es in Deutschland eine starke und breite Anti-Atombewegung gibt, die zu geeigneten Zeitpunkten ihren Einfluß geltend macht. Der geplante Rücktransport aufgearbeiteter Brennstoffe aus La Hague in das "Zwischenlager Gorleben" ist zweifellos ein geeigneter Anlaß für Protestmaßnahmen. Dabei muß deutlich werden, daß eine große Mehrheit der Bevölkerung in Deutschland die Atomkraft als existenzielle Bedrohung ansieht und deswegen ein schnellstmöglicher Ausstieg erreicht werden muß. Nach wie vor gibt es kein geeignetes Endlager für Atommüll in Deutschland. Durch die weiteren Rücktransporte aus La Hague nach Gorleben dürfen keine weiteren Sachzwänge in der Form geschaffen werden, daß aus dem bisherigen "Zwischenlager" in Gorleben ein Endlager entsteht.

Für die deutsche Anti-Atomkraftbewegung macht es keinen Unterschied, ob die Castoren unter einer schwarz-gelben oder rot-grünen Regierung rollen. Daher werden sie friedlich dagegen protestieren.

 

Diplom-Forstwirt Hubert Weinzierl ist Präsident des Deutschen Naturschutzringes (DNR) in Bonn.

 

 

Die im Januar vorgelegte Antwort der Bundesregierung auf die Große Anfrage zur friedlichen Nutzung der Kernenergie ist unbefriedigend, denn sie läßt kein konkretes Konzept zu der Entsorgung radioaktiver Abfälle erkennen. Ohne Not hat die Bundesregierung den seit 1979 geltenden Entsorgungskonsens zwischen Bund und Ländern aufgekündigt. Sie ist mit der Beantwortung der Großen Anfrage den Beweis schuldig geblieben, warum sie das bisherige Entsorgungskonzept für gescheitert erklärt hat. Dies ist um so erstaunlicher, da der Entsorgungskonsens von 1979 noch maßgeblich von einem SPD-Bundeskanzler, Helmut Schmidt, getragen wurde.

Für Gorleben spricht sie nun ein Moratorium aus, obwohl sie zugestehen muß, daß keine Erkenntnisse vorliegen, die die Realisierung eines Endlagers am Standort Gorleben ausschließen. Obwohl also mit Konrad und Gorleben Endlagerstätten existieren, deren Eignung und Sicherheit außer Frage stehen, und Millionen D-Mark investiert wurden, erzwingt diese Bundesregierung die Erkundung alternativer Standorte. Hier wird Kapitalvernichtung, wie sie für eine ideologiegeprägte Politik kennzeichnend ist, betrieben. Im Kampf um die politische Macht haben die Grünen in ihrer Oppositionszeit bürgerkriegsähnliche Zustände angezettelt, die sich heute gegen sie als Regierungspartei wenden. Jeder Umweltpolitiker ist heute für den Einsatz erneuerbarer Energien.

Die Behauptung aber, durch erneuerbare Energien mittelfristig die durch den Atomausstieg verursachten Energieversorgungslücken zu schließen, erweist sich immer mehr als Illusion. Die ideologische Verblendung früherer Jahre fällt auf die heute Verantwortlichen zurück. Rot-Grün muß erkennen, daß ein Atomausstieg mit einem Ausstieg aus einer nachhaltigen Klimaschutzpolitik bezahlt werden muß. Dies bedeutet, daß nicht nur die Entsorgung, sondern auch der Klimaschutz in unverantwortlicher Weise auf künftige Generationen verschoben wird.

 

Dr. Peter Paziorek ist umweltpolitischer Sprecher der CDU/CSU-Fraktion im Bundestag. Er sitzt für das westfälische Warendorf im Bundestag.


 
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