© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    09/01 23. Februar 2001

 
Blick in die Medien
Quotenkrieg
Ronald Gläser

Die Medien sind einer der Turbos der Globalisierung. Internationale Konzerne breiten sich wie Kraken auf dem Globus aus. Nachrichten von überall gelangen immer schneller zum Zuschauer, Leser oder Hörer. Das äußert sich in teilweise widersprüchlichen Symptomen. So verfolgt einerseits der deutsche Rechtsstaat neuerdings Straftaten im Internet weltweit. Nicht zuletzt Neonazis sollen an der Verbreitung ihrer Ansichten, Aufrufe und Informationen auch dann angeklagt werden, wenn die Internetseite über einen Internetzugangsdienst in Malta, Moskau oder Manila betrieben wird. Gleichzeitig drückte die Justiz beide Augen zu, als der Scheidungsprozeß der Beckers vor einem Gericht in Florida verhandelt und übertragen wurde. Die Teilnahme der Öffentlichkeit an einem Scheidungsverfahren verstößt aber gegen deutsches Recht, was die zahlreichen Sender, darunter sogar n-tv, die teilweise live berichteten, ignorierten. Das deutsche Rundfunkrecht wurde mit dem Verweis beiseite gewischt, in Amerika sei die Übertragung erlaubt. Ob Private oder Öffentlich-Rechtliche: Das Intimleben Prominenter bringt nun mal Quoten. Auch ohne Sympathien für Prinz Ernst August, Christoph Daum oder Boris Becker zu hegen, kann der anspruchsvolle Zuschauer nur mit dem Kopf schütteln. Gleichzeitig riskieren Journalisten aus aller Welt ihr Leben, um über die Tragödien wie auf dem Balkan oder in Tschetschenien zu berichten. GloBANALisierung 2001.


 
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