© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    07/01 09. Februar 2001


Parteinahme verlernt
von Ekkehard Schultz

Über das Erscheinungsbild der CDU-Führungsriege in den letzten Wochen und Monaten noch viele Worte zu verlieren, hieße Eulen nach Athen zu tragen. Ein gravierender Mangel an Übereinstimmung in wichtigen Sachfragen, die krampfhafte Suche nach Themen überhaupt und das Erbe der Kohl-Ära machen die Partei zu einer eher belächelten, als zu einer gefürchteten Opposition.

Oftmals wird dem Duo Merkel-Merz die Hauptschuld an der derzeitige Misere angelastet. Sicher ist nicht zu bestreiten, daß es den beiden an Professionalität mangelt, was allerdings nach fast zwei Jahrzehnten Ein-Mann-Herschaft auch nicht verwunderlich ist. Die Ära Kohl benötigte Köpfe zum Dienen und Anpassen, nicht zum selbständigen Nachdenken. Sie produzierte daher massenhaft blasse Nachwuchskader ohne Ecken und Kanten. Woher sollen also die Alternativen kommen? Lediglich der hessische Ministerpräsident Koch vermag sich noch teilweise von den dichten Reihen der Lächler und Ja-Sager abzuheben. Zugegeben – diese Probleme haben auch andere Parteien.

Was den Betrachter der CDU jedoch nachdenklich stimmen muß, ist die Perspektivlosigkeit, die die Partei schon seit langem ausstrahlt. Aus Furcht vor jeder negativen Reaktion von außen vermeidet sie peinlichst jede ernsthafte Konfrontation mit dem politischen Gegner. Doch das Wesen einer politischen Partei besteht eben nicht darin, den "good darling" für alle zu spielen, sondern darin, daß sie in Kernpunkten im wahrsten Sinne des Worte "parteiisch" ist. Hat die CDU nun sogar schon die Grundlagen des Parteienwesens verlernt?


 
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