© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    07/01 09. Februar 2001

 
Alexander von Stahl zur Pressefreiheit
Der Skandal von Münster

Solidarität ist ein Begriff, und eine Haltung, der die Konservativen in diesem Lande eher mit Distanz und Reserviertheit gegeüber stehen. Um so erstaunlicher ist die Resonanz, den der "Appell für die Pressefreiheit" und damit der Aufruf für die Fortexistenz der JUNGEN FREIHEIT gefunden hat. Damit meine ich nicht nur das Engagement der 1.350 Unterzeichner dieses Appells, die damit rechnen müssen, von den politisch Korrekten in diesem Lande des Rechtsradikalismus’ verdächtigt zu werden, sondern auch die Leser dieser Anzeigen, die durch ihre zustimmenden Briefe und Faxe ebenfalls Zivilcourage bewiesen haben. Insoweit hat jedenfalls der Appell des Bundeskanzlers und des Bundestagspräsidenten an die Deutschen, just dieser Tugend mehr Geltung zu verschaffen, eine von ihnen wahrscheinlich nicht beabsichtigte, aber dennoch hocherfreuliche Wirkung gezeigt.

Das Auflehnen gegen die herrschende Meinung, alles was konservativ und rechts ist, mit dem Makel des Antidemokratischen, Verfassungswidrigen und Gewaltbehafteten zu versehen, hat damit Erfolg gezeigt. Besondere Anerkennung gilt denjenigen Unterzeichnern des Appells wie dem Chefredakteur von Focus, Helmut Markwort, und taz-Ressorleiter Eberhard Seidel, die zwar nicht mit der grundsätzlichen Ausrichtung der JUNGEN FREIHEIT übereinstimmen, die aber um der Pressefreiheit und der berühmten Freiheit der Andersdenkenden willen diesen Appell mit unterzeichnet haben.

In der Tat hat ein fatales Zusammenwirken von staatlicher Anmaßung, oder schärfer formuliert: staatlicher Willkür und wirtschaftlicher Macht eine ernste Existenzkrise für die JUNGE FREIHEIT heraufbeschworen.

Seit sechs Jahren führen die Verfassungsschützer aus Nordrhein-Westfalen mit den fadenscheinigsten Begründungen einen Privatkrieg gegen die JF, indem sie sie jedes Jahr als ein zu beobachtendes Objekt in ihre veröffentlichten Hochglanzberichte aufnimmt. Damit werden Redakteure, Leser, Abonnenten und Anzeigenkunden in die Schmuddelecke des verfassungsmäßig Unseriösen gestellt. Für dieses Anschwärzen fehlt dem Verfassungschutz NRW allein schon die Zuständigkeit. Ganz zu schweigen von der Haltlosigkeit des Vorwurfes gegen die JUNGE FREIHEIT, die sich nichts vorzuwerfen hat.

Von Karl Kraus stammt der Satz: "Der Skandal begann, als der Staatsanwalt ihm ein Ende bereiten wollte." Der wahre Skandal in dieser Sache liegt darin, daß das Oberverwaltungsgericht Münster bisher in vier Jahren nicht die Zeit gefunden hat, über das Rechtsmittel zu entscheiden, das die JF gegen die "Beobachtung" durch den Verfassungsschutz NRW eingelegt hat.

Die Postbank hat ihre Kündigung mit dürren Worten und ohne Bedauern zurückgenommen. Das kann nur ein erster Schritt sein. Die Sache muß vor Gericht zu Ende geführt werden, um die JF jetzt endlich vom Makel der Unseriosität zu befreien.

 

Alexander von Stahl ist Generalbundesanwalt a. D., Rechtsanwalt in Berlin und FDP-Politiker


 
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