© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    06/01 02. Februar 2001

 
UMWELT
Eiweißpampe für jedermann
Volker Kempf

Max Otto Bruker, bekannt durch seinen Klassiker "Unsere Nahrung, unser Schicksal", der von Freund und Feind liebevoll "Vollwertpapst" genannt wird, hat einmal die Weisheit von sich gegeben: "Kaufe nicht, was in der Werbung kommt, und du lebst schon halbwegs gesund." In der Tat, wer macht schon Werbung für eine Mohrrübe. Was uns aber sonst so alles als Essen angeboten wird, hat Werbung um so nötiger. Oder wer würde ohne Beschönigung schon ungenießbare Leuchtkrebse verspeisen, die aus dem Beifang der Fischerei stammen und durch ein Spezialverfahren zu einer Art Mus, dem Surimi, vermantscht werden.

Gefärbt und in die Form von so lecker aussehenden Shrimps oder Calamares gepreßt, landet die eiweißreiche Masse etwa in Meeresfrüchte-Cocktails. Wer das alles zur Kenntnis nimmt, der greift lieber zum Doseneintopf. Doch für diese Speise wird der "Eiweißkuchen", der bei der Verarbeitung von Hühnerfleisch übrigbleibt, beigemischt – nach Behandlung mit Natronlauge, Neutralisierung und Entwässerung – und dient als Nährwertlieferant. Aus dem Bundesinstitut für gesundheitlichen Verbraucherschutz und Veterinärmedizin – kurz BgVV – wird gar gemunkelt, man könne Taubendreck noch verwursten und als Fitmacher verkaufen. Nur gut, zumindest aus Sicht der Hersteller, daß die Zutatenliste vom Käufer nicht einfach entschlüsselt werden kann. Sonst wäre noch mehr Werbung nötig, um das anzupreisen, wovon es einem, nüchtern betrachtet, eigentlich nur schlecht werden kann. Einen guten Appetit mit einer guten alten Mohrrübe bleibt zu wünschen. Doch schnelles Zubeißen ist angesagt: Forschungsabteilungen verschiedener Lebensmittelkonzerne arbeiten bereits daran, Früchte künstlich herzustellen.


 
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