© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    06/01 02. Februar 2001

 
Schwarze Wolken
von Carl Gustaf Ströhm

Die Balkan-Politik der EU gerät in immer größere Kalamitäten, seit Brüsseler Theorie und Praxis in diesem Krisenherd immer mehr auseinanderdriften. So hat die von EU und USA einst gegen Milosevic und die Belgrader Großserben protegierte Regierung Montenegros wütend auf eine jüngste Brüsseler Richtungsänderung reagiert: denn seit Vojislav Kostunica und Zoran Djindjic samt den "serbischen Demokraten" in Belgrad regieren, werden die einst umschwärmten Montenegriner von der EU wie unartige Schulbuben zurechtgewiesen.

So drückte der Außenminister der international nicht anerkannten Republik Montenegro, Branko Lukovac, sein Befremden darüber aus, daß der EU-Ministerrat neuerdings im Konflikt zwischen Belgrad und Podgorica "einseitig" für die Serben Partei ergreife. Lukovac beschuldigte die EU, damit die Position eines zuverlässigen und unparteiischen Vermittlers verlassen zu haben. Der montenegrinische Vizepremier Dragisa Burzan bezeichnete den Standpunkt des EU-Ministerrats schlichtweg als "unbegründet und falsch". Nicht Montenegro, sondern Belgrad habe sich irrational verhalten und Krisen ausgelöst. Zu behaupten – wie es die EU getan habe –, daß ein unabhängiges Montenegro Instabilität auslösen würde, sei unsinnig. Und sogar der Chef der zu Sozialdemokraten "gewendeten" Ex-KP, der montenegrinischen SDP, Zarko Rakcevic, verwahrte sich gegen die EU, welche Montenegro in eine "selbstmörderische" und "perspektivlose" Quasi-Föderation mit Serbien treiben wolle. Auf dem Balkan, so scheint es, brennt der europäische Rat.


 
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