© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    06/01 02. Februar 2001


Rom statt Berlin
von Jörg Fischer

Uno-Generalsekretär Kofi Annan hat die "restriktive Einwanderungspolitik" der EU kritisiert. Bei der internationalen "Konferenz gegen Intoleranz" in Stockholm forderte er vergangenen Montag, den "wirtschaftlichen und sozialen Wert von ethnischer Vielfalt" zu erkennen. Angesichts der niedrigen Geburtenrate und der zunehmend älteren Bevölkerung brauche Europa mehr Zuwanderer, nicht weniger: "Wir müssen den Menschen beibringen, Einwanderer als Lösung und nicht als Problem zu sehen", sagte Annan.

Mit dieser Forderung rennt er in Berlin offene Türen ein – Regierung wie Opposition haben seine Forderung längst aufgenommen: Bundesinnenminister Otto Schily hat sich für eine erleichterte Zuwanderung nach Deutschland ausgesprochen. Er sei für flexible und praxisnahe Regeln bei der Einwanderung, sagte der SPD-Politiker der Financial Times Deutschland. Wenn ein Unternehmen Fachkräfte benötige, sollten diese mitsamt Familie und "unbefristet" kommen können. Und auch die gebeutelte Opposition, die Union, will das "Thema Zuwanderung" nun aus dem Bundestagswahlkampf 2002 herauszuhalten – das verriet Fraktionsvize Wolfgang Bosbach der Rheinischen Post. Ob das der CDU hilft, ist fraglich. Vielleicht sollte der weltläufige Bosbach mal nach Rom schauen. In Italien sieht es nach einem überwältigenden Wahlsieg der rechten Opposition aus. Silvio Berlusconi, Gianfranco Fini und Umberto Bossi wissen, wie sie die Wähler erreichen: Sie thematisieren das Thema "Einwanderung" – allerdings ohne dabei auf Kofi Annan zu hören.


 
Versenden
  Ausdrucken Probeabo bestellen