© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    03/01 12. Januar 2001

 
Zeitschriften: Das Hochglanzblatt der blau-weißen Autoherrlichkeit
Dreier, Fünfer, Siebener
Jutta Winckler

Wenn das renommierte hanseatische Haus Hoffmann & Campe bereit ist, das Periodikum eines Autofabrikanten in sein Verlagssortiment aufzunehmen, wird der einschlägig Interessierte erhöht aufmerksam. Die Redaktion des BMW Magazins sitzt freilich in München, dem Hauptsitz der blau-weißen Traditionsfirma. Als "Dreier", "Fünfer" und "Siebener" sind ihre ebenso sportlichen wie zuverlässigen Karossen längst in die Allgemeinbildung des automobilen Zeitgenossen eingegangen.

Bei der hier vorgestellten Magazin-Ausgabe des bajuwarischen Autohauses handelt es sich freilich bloß um die deutschsprachige Version: Von A wie Ägypten bis V wie Vereinigte Arabische Emirate reicht die Palette der zahlreichen Auslandsausgaben. Mit einer in Ramallah erscheinenden palästinensischen stellt ein weiterer deutscher PKW-Bauer seine bewältigungsmäßige Sensibilität unter Beweis. Schulter an Schulter mit der übrigen ("deutschen") BRD-Wirtschaft wird man einer sogenannten "besonderen globalen Verantwortung" gerecht. Umsatzmäßig macht sich die jemenitische Ausgabe gewiß eher bezahlt.

Erhebliches Augenmerk richtet das Hochglanzblatt auf die ökologische Thematik: Alle Produktionsstätten erfüllen internationale Umweltnormen; die Motorenentwicklung ist "ihrer Zeit voraus", verfügen die Werke doch als bislang einzige über "serienfähige Wasserstoff-Antriebe". Die hauseigene Quandt-Stiftung betreut mäzenatisch "Umweltmaler", die "für den Schutz der Umwelt malen". Ein Professor Ricardo Hochleitner steuert Erbauliches zum "Dialog zwischen den Generationen in einer Welt im Wandel" bei. Der Club-of-Rome-Präses und Weltbank-Berater – eine Art erster Quadratkreis – strickt dabei die fadenscheinige Ideologie der Anteilseigentümer ("Shareholder") fort, wie sie derzeit von Yokohama bis Paderborn bemüht rundgeplappert wird.

Der Blick in die "Schatzkammer der mobilen Tradition" fällt ins BMW-Museum, das auf 10.000 Quadratmetern über 600 historisch wertvolle spritgetriebene Selbstbeweger zeigt. Den Fotos herrlicher Krafträder gesellt sich die Einheimische stolz stimmende Information bei, man sei der letztverbliebene Konkurrent einer weltweiten Hegemonie der japanischen Krad-Giganten. Opulent fallen die Reiseberichte, Tourenvorschläge und Testfahrten aus, Fotografen aus der ersten Reihe lichten statt Kühen in Halbtrauer Roadster vor Barockkulisse ab. Mit dem 3er Cabrio geht es nach North Carolina zur Buddy Tour, mit dem Z 8 durchs Baskenland, mit der F 650 GS nach Dakar.

BMW-Maler/Fahrer Stefan Szczesny kümmert sich unterdessen um die vorbeirauschende Umwelt. Mit seinen zwölf bemalten großformatigen Keramikwänden möchte er "eine Fackel des Positiven in das Bewußtsein der Menschen tragen". Dann lassen sich gleichsam spielend bedrohten "Pflanzenarten und Tierpopulationen" vor dem Aussterben bewahren. Der ökologische Jargon neudeutscher Eigentlichkeit darf nirgends fehlen. Dax-Index, blaue Blume und Polychromglanzpapier, Tante Turbo in Arkadien. Allerdings gilt es, ad hoc sowie auf unabsehbar lange Zeit, für Chefetagen und Lobbys sich die Bevölkerungsspezies "gemeiner kuschender PKW-Fahrer" zu erhalten. Dessen Biotop ist durch ideologisch motivierte Eingriffe einer bürokratischen Maßnahmenkybernetik zunehmend gefährdet: unzählige Arbeitsplätze sind vom Aussterben bedroht!

Bei der autolastigen Monostruktur hiesigen Wirtschaftens kann eher auf Bio-Umwelt ("unsere Natur") als konsumistisch modellierte Individualmobilität verzichtet werden. Das meint konkret: Gemeinwohlfördernd weiterhin Dreier, Fünfer oder gar Siebener kaufen, normal kreditiert oder mafiös bar, BMWs bezahlen, betanken, versichern und versteuern, werkstattwarten und ausrüsten etc.pp. Die bundesdeutsche Kultur des privaten PKWs fortschreiben – das ist, insgeheim, des Bürgers erste Pflicht. Noch vor dem Sich-auch-weiterhin-der-Verantwortung-Stellen aller.


 
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