© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    02/01 05. Januar 2001

 
WIRTSCHAFT
Trübe Aussichten fürs Wirtschaftswachstum
Bernd-Thomas Ramb

Die wirtschaftlichen Erwartungen fürs neue Jahr sind trübe. Selbst die naturgemäß zu euphorischen Aussichten neigende Bundesregierung ist merklich stiller und vorsichtiger geworden. Erste realistische Zahlen liefern die wirtschaftswissenschaftlichen Institute. So soll nach Ansicht des Kieler Instituts für Weltwirtschaft das Wachstum des deutschen Bruttoinlandsprodukts nach 3,0 Prozent im Jahr 2000 in diesem Jahr auf 2,4 Prozent absinken, während die Inflationsrate auf dem Stand von knapp zwei Prozent verharrt. Den Wermutstropfen der nachlassenden Konjunktur versuchen die Politiker mit einem Hinweis auf die USA zu versüßen. Dort wird ebenfalls ein konjunktureller Abschwung erwartet. 2,6 Prozent lautet die Prognose, nach einem Wachstum von 5,1 Prozent im vergangenen Jahr. Das sei, so die EU-gewandten Staatsführer, gut für den peinlichen Wechselkurs des Euro gegenüber dem Dollar.

Diese Denkweise verrät zwei eklatante wirtschaftspolitische Schwächen. Erstens zeigt der gebannte Blick auf das wirtschaftliche Geschehen in den USA die trotz Euro und EU-Wirtschaftsraum bestehende Abhängigkeit von der amerikanischen Wirtschaft. Die deutsche Wachstumsschwäche ist zu einem erheblichen Teil durch die schwächelnde amerikanische Konjunktur beeinflußt. Immerhin wird deshalb ein starker Rückgang des Exportwachstums erwartet. Zweitens wird dadurch wieder einmal verdrängt, daß die deutsche Konjunkturschwäche hauptsächlich selbstgemacht ist. Was nutzt ein stärkerer Euro wegen des stärkeren Konjunkturrückgangs in den USA, wenn in Deutschland ebenfalls eine Rezession eintritt. Was nottut, ist ein deutsches Konjunkturprogramm durch echte Strukturveränderungen. Die aber sind eher vom neuen US-Präsidenten zu erwarten.


 
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