© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    02/01 05. Januar 2001


Rente vom Klassenfeind
von Werner H. Krause

Höhere Renten für ehemalige Stasi-Mitarbeiter haben unter den Opfern der kommunistischen Gewaltherrschaft für helle Empörung gesorgt. Während die Täter von damals seit langem begriffen haben, daß es in der Bundesrepublik Deutschland nicht so sehr nach Ethik und Moral geht, sondern danach, ob sich eine Sache formjuristisch begründen läßt – und damit vor dem Bundesverfassungsgericht Erfolg hatten –, wird die Argumentation der Opfer geflissentlich überhört, ja, ihnen werden heute sogar von mancher Seite bereits Neidgefühle unterstellt. Tatsächlich verweist man in den Kreisen der Opferverbände darauf, daß Stasi-Mitarbeiter als willfährige Dienstlinge eines Repressions- und Unterdrückungsapparates überdurchschnittlich hohe Entgelte gewissermaßen als stete Treueprämie empfingen. All jene aber, die sie oftmals auf viele Jahre ins Zuchthaus schickten, formierten eben durch diesen Umstand und auch durch die sich nach ihrer Haftentlassung fortsetzende berufliche Benachteiligung auf der untersten Sprosse der Rentenanrechnung. Genau hiergegen lehnt sich der Zorn der Opfer auf. Aus ihrer Sicht stellt die Aufhebung der Rentenbegrenzung für die Getreuen des DDR-Regimes eine Rentenungerechtigkeit für die Opfer dar. Treue zum kommunistischen Staat findet Belohnung – Auflehnung zahlt sich nicht aus. Eine Ehrenpension für die Opfer, wie sie der stellvertretende Fraktionsvorsitzende der CDU, Günter Nooke, verlangt, läßt sich zwar nicht formaljuristisch untermauern, würde aber einen Akt der moralischen Wiedergutmachung bedeuten. Doch bislang rührt sich da nichts bei Rot-Grün.


 
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