|  |  | Parteitag: Südwest-Republikaner tagten im südbadischen Wehr
 Jünger und optimistischer
 von Frank Liebermann
 Mehrere Hundertschaften
    der Bereitschaftspolizei sperrten die Stadthalle im südbadischen Wehr weitläufig ab. Wer
    am vergangenen Sonnabend dorthin vordringen wollte, mußte massive Personenkontrollen
    über sich ergehen lassen. Der Grund: Der Landesverband der baden-württembergischen
    Republikaner hielt dort seinen Wahlparteitag ab.
 Linksextremistische Krawallmacher fanden sich schon vor der Veranstaltung ein und
    pöbelten die ankommenden Delegierten massiv an. Nur dank der Polizeipräsenz konnten
    Übergriffe verhindert werden; nach offiziellen Angaben seien zwölf Demonstranten
    kurzzeitig festgenommen und nach der Feststellung ihrer Personalien wieder auf freien Fuß
    gesetzt worden.
 
 Am Mittag bekamen die rund 300 Krawallmacher einen mächtigen Verbündeten. Der
    SPD-Landesvorsitzende Ulrich Maurer stand einer Allianz aus SPD, CDU, Gewerkschaftsbund
    und Mitgliedern der Kommunistischen Partei (DKP) und der "Vereinigung der Verfolgten
    des Naziregimes" (VVN) vor, die eine Gegendemonstration in der Innenstadt organisiert
    hatte.
 Die Veranstaltungshalle war mit den 170 Delegierten und zahlreichen Gästen gefüllt, als
    der Bundesvorsitzende der Republikaner, Rolf Schlierer, seine Parteitagsrede begann. Hart
    ging er mit dem Landeskriminalamt und dem Verfassungsschutz in Baden-Württemberg ins
    Gericht. Noch immer sei es an der Tagesordnung, daß zum Zwecke der Diskreditierung der
    Republikaner Neonazi-Aktivitäten inszeniert würden. Der Fall Axel Reichert sei nur ein
    Beispiel dafür, wie die Behörden agierten.
 
 Zur Erinnerung: Reichert, ein V-Mann des Verfassungsschutzes, rief zum Kampf gegen das
    "jüdische Herrschaftssystem" und den "bolschewistischen Abschaum"
    auf. Sein Fehler: er vergaß sein Redemanuskript. Jetzt ermittelt die Staatsanwaltschaft
    auf Betreiben der Republikaner gegen den Agent provocateur (die JF berichtete).
 
 Christian Käs, Landesvorsitzender der Partei, gab sich in seinem Rechenschaftsbericht
    kämpferisch. Eines der wichtigsten Themen in nächster Zeit sei die Rückführung der
    Bosnienflüchtlinge. Bisher gebe es keine Rückkehr. Die etablierten Parteien, allen voran
    die CDU und FDP, hätten die Bürger belogen. Sie stünden vor den Scherben ihrer
    Balkanpolitik. Das Recht auf eine Rückkehr in die früheren Wohngebiete sei nicht
    durchführbar, da dort noch unabsehbare ethnische Konflikte vorhanden wären. Auch von der
    EU sei keinerlei Hilfe zu erwarten. Solange sich der Großteil der Flüchtlinge in
    Deutschland aufhalte, hätte diese kein großes Interesse an einer Problemlösung.
 
 Eine weitere Liberalisierung des Strafvollzugs lehnte Käs ab. Mildere Haftbedingungen,
    Hausarrest oder die elektronische Handfessel stellten eine Verhöhnung der Opfer dar,
    sagte der 36jährige Rechtsanwalt. Notwendig sei in Deutschland ein besserer Opferschutz
    und eine effizientere Polizei.
 Ein weiteres wichtiges Ziel seiner Partei, so Käs, stelle die Verhinderung des Euro dar.
    Die Republikaner setzten sich für eine Volksabstimmung über die Einführung der
    europäischen Einheitswährung ein. Diese dürfe allerdings nicht so laufen wie in
    Dänemark, wo so lange abgestimmt wurde, bis das Ergebnis gestimmt hätte.
 
 Der Erfolg in Baden-Württemberg, so Käs, sei ein Zeichen für einen Aufschwung seiner
    Partei. Bei den Wahlen in Hamburg werde sich zeigen, ob ein Durchbruch erfolge. Trotz der
    manipulierten Prognosen befände sich die Partei im Aufwind. Der entscheidende Punkt für
    einen Erfolg sei die Bundestagswahl 1998. Dort müsse sich erweisen, ob sich die
    Republikaner etabliert hätten.
 Durch die baldige Gründung einer kommunalpolitischen Vereinigung und der Einrichtung
    einer Parteistiftung werde die Partei ihre Schlagkraft verbessern. Auch die
    Mitgliederentwicklung stimme ihn optimistisch. Vor allem jüngere Menschen wendeten sich
    den Republikanern zu (siehe nebenstehendes Interview).
 
 Im inhaltlichen Teil des Parteitags beschäftigten sich die Republikaner mit Leitlinien
    für eine lang- und mittelfristige Wirtschaftspolitik. Darin setzt sich die Partei für
    ein spar- und wachstumsfreundliches Steuersystem ein. Es soll sich am Leistungsprinzip des
    Mittelstandes orientieren und die Eigenkapitaldecke von Unternehmen stärken. Ein weiterer
    wichtiger Punkt sei die Bekämpfung der Schattenwirtschaft, durch die jedes Jahr Millionen
    von Steuerausfällen entstünden.
 
 Der Parteitag in Wehr hat gezeigt, daß sich die Republikaner zumindest in
    Baden-Württemberg stabilisiert haben und auf dem Weg zur Etablierung sind. Die
    Selbstorganisation ist abgeschlossen, so daß sich die Partei jetzt der eigentlichen
    politischen Arbeit widmen kann. Erstaunlich auch die Altersstruktur der Partei. Das
    Durchschnittsalter liegt weit unter dem von anderen Parteien. Auch etliche junge
    Mitglieder waren anwesend.
 Und mit ihrem wirtschaftspolitischen Konzept hat die Partei unter Beweis gestellt, daß
    sie mehr als eine Ein-Themen-Partei ist.
 
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