© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 26/97 20. Juni 1997 |
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Katholische Kirche: Streit um die Seligsprechung von Kardinal Hlond Vertreibung der Seelsorger von Lothar Groppe S. J. Es mehren sich die Stimmen und Befürchtungen, polnischen Pressure groups känne es gelingen, einen Seligsprechungsprozeß für den polnischen Kardinal Hlond durchzusetzen. Diesen Bestrebungen ist Professor Franz Scholz mit seinem "Hlondheft" entgegengetreten. Schon in zwei Bänden seiner erschütternden Trilogie "Gärlitzer Tagebuch", "Zwischen Staatsräson und Evangelium" und "Kollektivschuld und Vertreibung" behandelte er ausführlich die Ereignisse um "Kardinal Hlond und die Tragädie der ostdeutschen Diäzesen". Im Hlondheft untersucht er nach gründlichen Recherchen die Frage, ob sich Kardinal Hlond "als Kandidat einer Seligsprechung" empfiehlt. Franz Scholz hat sich zeit seines Lebens als treuer Freund der Polen bewährt. Er beherrscht nicht nur ihre Sprache, sondern nahm sich bereits vor dem Krieg der polnischen Saisonarbeiter an. Während des Krieges betreute er zahlreiche polnische Zivil- und Kriegsgefangene. Dabei war er sich der Gefährlichkeit seines Handelns stets bewußt. Unerlaubter Verkehr mit Fremdarbeitern, insbesondere mit Polen, war mit Zuchthaus bedroht und führte nicht selten zur Einweisung in ein Konzentrationslager. Wenn nun ein solcher Theologe zur Erkenntnis kommt, Kardinal Hlond "ist als Kandidat einer Seligsprechung nicht ausgewiesen", muß man ein solches Urteil überaus ernst nehmen. Jedoch P. Eßer, der Generalrelator der Kongregation für die Selig- und Heiligsprechungsprozesse, warf ihm im Rheinischen Merkur in einem scharfen Artikel vor, "durch Beeinflussung der äffentlichen Meinung und bestimmter Persänlichkeiten die Kurie unter Druck zu setzen". Doch die Polemik, die Eßer glaubt Scholz anlasten zu sollen, kennzeichnet seinen eigenen Artikel. Obendrein scheint er mit den Veräffentlichungen von Professor Scholz nicht sonderlich vertraut. So behauptet er - obwohl dies für den Fall Hlond
nicht von Belang wäre - der Name des braunen Diktators komme bei Scholz nicht vor.
Tatsächlich taucht der Name Hitler allein im Vorwort des Buches "Zwischen
Staatsräson und Evangelium" dreimal auf. Die Symbolik des Kardinalpurpurs soll den Erwählten daran erinnern, daß er "bis
zum Vergießen des Blutes" für die Kirche und die ihm Anvertrauten einzustehen hat.
Man erinnere sich etwa an die heldenhaften Kardinäle Mind-szenty und Stepinac, die in
ihren Diäzesen blieben und ihre Treue zur Kirche und ihren Gläubigen mit langer
Kerkerhaft bezahlten. Etwas anderes ist in diesem Zusammenhang noch zu bedenken. In den Jahren des Eisernen Vorhangs flüchteten mehrere evangelische Pfarrer mit ihren Familien aus der Ostzone, um dem Druck des atheistischen Systems zu entgehen. Ein weiterer Grund war die Tatsache, daß ihre Kinder kein Abitur machen, geschweige denn studieren durften. Wenngleich man für die Zwangslage dieser Pfarrer menschliches Verständnis aufbringen kann, stellte sich die evangelische Kirche im Westen zu Recht auf den Standpunkt, daß Seelsorger gerade in Zeiten der Not bei ihren Gemeinden bleiben müßten. Konsequenterweise verweigerten sie grundsätzlich allen Pfarrern, die eigenmächtig geflüchtet waren, eine Anstellung im Westen. Und da sollte sich die katholische Kirche ausgerechnet einen Kardinal und Primas, der für seine Gläubigen leuchtendes Vorbild der Glaubenstreue und Standhaftigkeit sein soll - und der zudem keinerlei Rücksicht auf eine Familie zu nehmen braucht - zur Ehre der Altäre erheben? Eine Seligsprechung Hlonds würde die Kirche nicht nur zum Gespätt machen, sondern sie auch der Verachtung preisgeben. Übrigens ist nach Mitteilung gut informierter rämischer Kreise eine Seligsprechung des pflichtvergessenen polnischen Primas für Papst Johannes Paul II. schon deshalb kein Thema, weil dieser in der Stunde der Not seine Gläubigen feige im Stich gelassen habe. Hlond mußte auf Weisung von Papst Pius XII. Rom verlassen. Er begab sich in das von der Wehrmacht zunächst nicht besetzte Vichy-Frankreich. Am 3. Februar 1944 wurde Hlond von der Gestapo verhaftet. Aufgrund der Interventionen von Weihbischof Wienken und Kardinal Bertram wurde er aus der Gestapohaft entlassen und ihm ein Kloster im westfälischen Wiedenbrück als Aufenthalt zugewiesen. Die dortigen Schwestern versorgten ihn mit allem Notwendigen. Der zuständige Dechant steckte ihm heimlich manches zu, was für die Deutschen Mangelware war. Kardinal Bertram ließ ihm regelmäßig Unterstützung zukommen. Nach Kriegsende ging Hlond zunächst nach Rom. Dort erhielt er vom Papst weitreichende Vollmachten für Polen, da durch die Kriegswirren mehrere Bistümer ohne Oberhirten waren. Hlond dehnte seine für Polen gegebenen Vollmachten eigenmächtig auf Ostdeutschland aus, was er später in einem Brief an Pius XII. vom 24. Oktober 1946 als einen "Fehler" bezeichnete. Unter arglistiger Täuschung - eine deutsche Wochenzeitung spricht vom "Betrug des polnischen Kardinals" - zwang er die ostdeutschen Oberhirten, die im Gegensatz zu ihm in der Stunde der Not bei ihren Gläubigen geblieben waren, aufgrund der angeblichen Weisung des Papstes, ihr Amt niederzulegen. In seinem Brief nach Rom behauptet er, für die Deutschen gebe es Seelsorge in deutscher Sprache. Dies war eine ebenso unverschämte Lüge wie seine Behauptung, der Papst verlange den Rücktritt der deutschen Oberhirten. Der Gebrauch der deutschen Sprache war unter schwerster Strafe verboten. Statt Franz Scholz also unhaltbare Vorwürfe zu machen, sollte Eßer dankbar sein, daß er ihn vor einem schweren Mißgriff und die katholische Kirche vor einem Skandal mit kaum abschätzbaren Folgen zu bewahren suchte. Ein "zur Ehre der Altäre Erhobener" soll den Gläubigen ein Ansporn sein, "vollkommen zu werden wie der himmlische Vater" (Mt 5,48). Auf Hlond trifft das Wort des Herrn zu: "Er ist nur ein Mietling, dem an den Schafen nichts liegt" (Joh 10,13). Das "Hlondheft" kann beim "Grafschafter Boten", Worthstr. 40, 58511 Lüdenscheid zum Preis von DM 6,50 einschließlich Porto bestellt werden. |