© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    50/99 10. Dezember 1999


Wehrmachtsausstellung: Kritiker der Bilderschau legen neue Bücher vor
Mühsame Suche nach der Wahrheit
Burkhart Berthold

Wenn man Aufstieg und Fall der Wehrmachtsausstellung verstehen will, leisten die beiden jüngst erschienenen Arbeiten von Rüdiger Proske und Karl-Heinz Schmick insofern nützliche Dienste, als sie auf eine große Zahl der – freundlich ausgedrückt – Irrtümer der Ausstellung eingehen. Je mehr freilich bekannt wird, wie windig die Argumentation der Ausstellungsmacher um Hannes Heer war, um so weniger ist zu begreifen, wie die Reemtsma-Picture-Show viereinhalb Jahre lang ihr Unwesen treiben konnte.

Zunächst möchte man Rüdiger Proske und Karl-Heinz Schmick danken. So mühselig es ist, Quellenkritik vorzunehmen, so bedrückend muß es sein, sich wie ein Kriminalist den grauenhaften Vorgängen an der Ostfront und auf dem Balkan zu widmen: Unberührt von der Frage nach den Tätern bleibt das Leid der Opfer – und je stärker man sich dieses Leid verdeutlicht, um so heftiger wird die Abneigung gegen jene Leute, die mit diesem Leid auch noch ihr Geschäft betreiben.

In ihrer Kritik stimmen Proske und Schmick weitgehend überein. Erstens: Die Ausstellung ignoriert Kriegsverbrechen der anderen. Zweitens ignoriert sie das Kriegsrecht und, drittens, die Gebote der Quellenkritik. Viertens ignorierte sie viel zu lange alle sachlichen Einwände. Fünftens: Sie vereint die Unfähigkeit zu wissenschaftlicher Arbeit mit höchster Raffinesse, wo es um Suggestion und Polemik geht. Sechstens: Sie ignoriert das reichlich vorhandene Entlastungsmaterial. Und schließlich: Die Radikalität des Urteils steht in keinem Verhältnis zur Dürftigkeit der "Beweise".

Auf dieser Linie begegnen Proske und Schmick auch den meisten anderen Kritikern, unabhängig von ihrer Herkunft und ihrer politischer Position. Das ist ein wichtiger Punkt, denn Reemtsmas Rückzug wird bereits hier und da mit der Beschwörung "interessierter Kreise" vernebelt, in deren Auftrag Erbsenzählerei vom Wesentlichen ablenken würde. Das aber ist Unsinn: Es ist keine Kleinigkeit, wenn beinahe überall, wo die Rechnung revidiert wird, die angeblichen Beweise der Anklage gegen 18 Millionen Wehrmachtsoldaten zerbröseln. Im übrigen ist Kritik selten rechts oder links, aber immer richtig oder falsch. Das gilt auch, wenn festgestellt wird, daß Dokumente sinnentstellend zitiert, Aussagen vor stalinistischen Tribunalen blind übernommen und zweifelhafte oder falsch zugeordnete Fotos suggestiv arrangiert wurden.

Während der journalistisch flott schreibende Proske klare Schwerpunkte setzt, greift der akribische Schmick eine Vielzahl von Beispielen auf. Ob er dabei mit seiner Erörterung von Fälschungsmerkmalen stets recht hat, bleibt fraglich. Auf jeden Fall verdienen es seine Bedenken, geprüft zu werden. Proske und Schmick statt dessen als "Rechte" abtun zu wollen, wäre in ihrem Fall ebenso absurd wie bei Musial oder seinem ungarischen Kollegen Ungváry.

Was sowohl Proske als auch Schmick den Ausstellern voraus haben, ist ihre Auseinandersetzung mit wesentlicher Literatur zum Thema. Das gilt besonders für Schmick, der eine Bibliographie vorlegt. Doch der publizistische Erfolg ist eher auf Proskes Seite. Dafür hatte er allerdings auch schon ungebetenen Besuch von der Antifa, die ihm die Grenzen seiner Hausratsversicherung aufzeigte.

Rüdiger Proske und Karl-Heinz Schmick ist zu danken. Ohne ihren Mut würden wir der Macht der Ausstellungsmacher hilflos gegenüberstehen. Dank gebührt den Ausstellungskritikern auch dafür, daß sie mit ihrer mühsamen Arbeit nicht nur der Suche nach der Wahrheit gedient haben, sondern ebenso der Ehre unserer Väter.

 

Rüdiger Proske: Wider den liederlichen Umgang mit der Wahrheit. Anmerkungen zu einer umstrittenen Ausstellung. Dritte Streitschrift wider den Mißbrauch der Geschichte deutscher Soldaten zu politischen Zwecken, Verlag Hase & Koehler, Mainz 1999, 164 Seiten, 25 Mark

Karl-Heinz Schmick: Untersuchungen zur Ausstellung Vernichtungskrieg, Verbrechen der Wehrmacht 1941–1945, Ludwigsfelder Verlagshaus, Ludwigsfelde 1999, 130 Seiten, 29,80 Mark


 
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