© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    49/99 03. Dezember 1999


Ausstellung: "arte erotica" in Frankfurt/Bergen-Enkheim
Romantik und Kitsch
Claus-M. Wolfschlag

Fernab der großen Museen kann der Kunstinteressierte bisweilen kleine Entdeckungen machen. Gerade in fast unbeachteten Hinterhof-Präsentationen kann man auf Neuheiten, unbekanntere Nachwuchskünstler oder Skurrilitäten treffen. Die kleine Ausstellung in einer verschachtelten Galerie am Rande Frankfurts scheint hierfür der geeignete Ort 14 Künstler behandeln auf verschiedene Weise das Thema der Erotik, vor allem mit den Mitteln der Malerei und Fotografie.

Dabei trifft man auf eine skurrile Mischung, die irgendwo zwischen populistischer Romantik, derbem Kitsch und vielversprechenden Ansätzen von Jungkünstlern liegt. Populistisch präsentiert sich beispielsweise der 1947 geborene Schriftsetzer und Grafiker Van Vindt. Umschläge für Taschenbücher und Zeitschriftenillustrationen hat er schon gefertigt. Seit 1974 arbeitet er mit Airbrush, hat bislang 350 Gemälde und über 800 grafische Auftragsarbeiten hinter sich.

Dieser Erfolg verwundert nicht. Van Vindt bietet gefällige, aber aalglatte Kaufhausposter-Romantik, hier und da mit einigen historistischen Elementen, etwas griechischer Klassik oder ägyptischer Monumentalität, garniert. Noch stärker auf dieser Linie liegt der 1953 in London geborene Paul Butvila. Er liefert vorrangig Digitaldrucke im Fantasy-Stil, mit antiken Säulen, nackten Frauen, visionär dreinblickenden Köpfen, Fischen und fliegenden Adlern. Gefällig, aber recht trivial.

Dann gibt es diejenigen, deren Arbeiten auch für den Laien in ihrer kitschigen Aura erkennbar sind. Christine Dumbsky versucht in ihren teils plastisch gestalteten Gemälden, "die Frau" als Wesen in den Vordergrund zu stellen, die weder Hure noch Heilige sein solle. Wäre sie es doch nur geblieben, mag man bei der Betrachtung der etwas plumpen Bilder scheinbar erregter barbusiger Frauen mit derber Gestik denken. Dumbsky, von der Steuerfachgehilfin über die Studiosängerin zur Creative-Managerin eines Musikverlages geworden, scheint allerdings mit ihrer Malerei anzukommen. Die Reihe der Sponsoren ist lang. Die Medienerwähnungen reichen von Penthouse über "Guten Abend RTL" bis zum Bayerischen Rundfunk.

Kaum gehaltvoller fallen die obskuren, comic-haften Füchse in erotischen Posen aus, die Kyo-Dirk Schmidt ins Augenlicht der Betrachter schlägt. So könnte man etwas enttäuscht den Heimweg von der "arte erotica" antreten, wären da nicht die ausgezeichneten jungen Fotokünstler, die ansprechende Leistungen erotischer Bildkunst zu präsentieren vermögen.

Die 1970 geborene Sandra Mann, Studentin der Hochschule für Gestaltung in Offenbach, ist bereits in der jüngeren Vergangenheit durch verschiedene spektakuläre Ausstellungen, unter anderem in der Frankfurter Diskothek "Whisper Club", in Erscheinung getreten.

In Bergen-Enkheim zeigt sie eine Reihe von Bildern zweier leichtbeschürzter Frauen mit Pistole, die auf einem verlassenen Asphaltweg stehen, knien oder laufen. Hätten die Frauen größere Brüste, fühlte man sich an die groteske Atmosphäre von Russ Meyer-Filmen erinnert.

Der 1969 geborene Frankfurter Jens Werner, seit fünf Jahren freier Fotograf, präsentiert ein gelungenes, klassisches Spiel mit Licht und Schatten, das gesichtslose, schwarz-weiße Körperlandschaften hinterläßt. Ähnlich der 1971 am Rande des Odenwalds geborene Boris Löffert, der die nackten Körper aber stärker mit Beiwerk umhüllt, bricht, auseinander- und zusammensetzt.

Erste Sahne allerdings sind die kleinen Arbeiten des 1972 geborenen Erik Straub, der sich als Universalkünstler in plastischer Bildkunst, Malerei und Fotografie versteht. Seine erotischen Schwarz-weiß-Fotografien sich windender Menschen in unterschiedlichsten Posen verstehen es, ausdrucksstark Stimmungen zu vermitteln und entschädigen den Besucher für manches vorangegangene Bildwerk, das eher Augenschmerzen als eine erotische Stimmung erzeugte.

Die Ausstellung "arte erotica" findet noch bis 31. Dezember 1999 im "Enkheimer Kunstraum", Barbarossastraße 2, 60388 Frankfurt/Bergen-Enkheim, statt. Geöffnet ist montags bis freitags von 12 bis 19 Uhr, samstags von 11 bis 16 Uhr. Der Eintritt ist kostenlos.


 
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