© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    48/99 26. November 1999


Pat Buchanan: A Republic, Not An Empire / Thesen zur Außenpolitik der Vereinigten Staaten
Die Zukunft der US-Hegemonie
Ronald Gläser

Ende 1999 erklären die bosnischen Serben ihre Unabhängigkeit und suchen Aufnahme beim serbischen Mutterstaat, woraufhin auch die Kroaten in Bosnien den Beitritt zu Kroatien beschließen. Die Nato ist unentschieden. Iran, Saudi-Arabien und die Türkei liefern Waffen und Freiwillige an Bosnien. Die Russen unterstützen die Serben mit Waffen und blockieren im Sicherheitsrat alle Resolutionen. Amerika beginnt nach der Ermordung von acht Marines mit Bombardements. Der Konflikt eskaliert weiter: Er breitet sich auf das Kosovo und Mazedonien aus, wo Serbien einmarschiert.

Im Jahr 2001 wird Litauen in die Nato aufgenommen. Trotz russischer Proteste sollen auch Lettland und Estland folgen. Der neue, nationalistische Präsident Rußlands nutzt einen Aufstand der großen russischen Minderheit in Lettland zum Einmarsch in beiden baltischen Staaten und versetzt seine 100.000 Soldaten in Königsberg in Alarmbereitschaft. Noch bevor Nato-Truppen in Polen und Litauen eintreffen, wird auch Litauen von Russen überrollt. Weil Bombardements nicht ausreichen und nur Vergeltungsschläge auf polnische Städte provozieren, rüsten die USA zum Krieg gegen die russische Armee und verhängen eine Seeblockade gegen Rußland. Der Krieg ist da.

Patrick Buchanan versteht es, seine Leser zu fesseln. Diese beiden und weitere Beispiele sollen dem Leser die Gefahren eines weltweiten US-Engagements vor Augen zu führen. Seine Botschaft lautet: Eine Republik, nicht ein Imperium ("A Republic, Not an Empire"). Das neue Buch Buchanans ist die außenpolitische Version seines Buches "Der große Verrat", das er im letzten Jahr veröffentlichte und in dem er für mehr wirtschaftlichen Protektionismus plädierte. Und auch das neue Buch hat in den USA bereits hohe Wellen geschlagen. So werfen ihm Kritiker immer wieder vor, er sei ein "Isolationist". Er argumentiert, er wolle als amerikanischer Nationalist die USA nicht von der Welt, sondern vom Krieg isolieren.

Buchanan liefert einen lesenswerten Streifzug durch die amerikanische Geschichte: Amerika war nie isoliert. Nur galt für die Gründerväter und die ersten 100 Jahre nach der Unabhängigkeit der Kolonien der eiserne Grundsatz: Die USA dürfen keine "verwickelten und permanenten Allianzen" eingehen! Dieser Grundsatz hinderte sie nicht an der Ausbreitung ihres Territoriums, an zwei Kriegen mit England und einem mit Mexiko. Amerika kaufte Frankreich Louisiana ab und erwarb Alaska. Es erweiterte seine Machtbasis, trieb Handel mit vielen Ländern der Welt und enthielt sich nach den zwei Befreiungskriegen allen größeren Auseinandersetzungen mit den damaligen Großmächten. In den zwanziger Jahren des 19. Jahrhunderts verkündete Präsident Monroe seine Doktrin in Hinblick auf das gegen die Türkenherrschaft revoltierende Griechenland: Amerika mischt sich nicht in europäische Angelegenheiten ein, erklärt die westliche Hemisphäre dafür zu seiner Einflußzone, in der die europäischen Kolonialmächte nichts zu suchen haben. Diese Phase der Zurückhaltung endete, als McKinley und Theodore Roosevelt die "verbotene Frucht des Imperialismus" in Form der Philippinen verspeisten. Der Krieg mit Spanien vor 100 Jahren war der erste Krieg der USA gegen eine Großmacht und zugleich der Prototyp eines imperialistischen Krieges. Mit der Annektion der Philippinen, wurde die ehemalige Kolonie selbst zur Kolonialmacht.

Der Eintritt in den Ersten Weltkrieg war ein fataler Fehler, so Buchanan. Ebenso wie der Friedensvertrag von Versailles. Der Autor widmet sich ausführlich den Demütigungen Deutschlands durch Franzosen und Engländer, von der Abtrennung des Memelgebiets bis zur Besetzung des Ruhrgebiets. Besondere Kritik erntete der Präsidentschaftskandidat, der unlängst die Republikaner verließ, um bei Ross Perots Reformpartei mitzuwirken, für seine Ansichten über Deutschland. Denn er räumt ein, daß die Eingliederung des Sudetengebiets völlig berechtigt war und Großbritannien und Frankreich Deutschland 1939 nicht den Krieg hätten erklären dürfen.

Nur wegen der französisch-britischen Kriegserklärung entschloß sich Hitler, zunächst den Westfeldzug und dann den Angriff auf die Sowjetunion durchzuführen. Die Besetzung von Ländern wie Dänemark, Norwegen, Frankreich und der Beneluxstaaten wäre der Welt erspart geblieben, hätten England und Frankreich auf ihre Garantien für Polen verzichtet, so Buchanan. Vor allem hätte die Wehrmacht dem Kommunismus, der weitaus größeren Gefahr für die Welt, den entscheidenden ersten Schlag versetzt. Blitzkrieg, Dünkirchen und Holocaust hätte es so nicht gegeben.

Buchanan räumt schließlich mit allen Gedanken an eine neue Weltordnung auf und wirft Wilson vor, mit dem Völkerbund die Grundlagen für die Vereinten Nationen gelegt zu haben, deren Diktat Amerika nun fürchten müsse. Bilaterale Allianzen und Verträge binden die USA heute rund um den Globus in Sicherheitszusagen, die niemals eingehalten werden können. Der Amerikaner deutsch-irischer Abstammung ahnt bereits: "Eines Tages wird die globale Hegemonie Amerikas herausgefordert."

Eine Ausweitung der Nato nach Osten ist für Buchanan eine unnötige Demütigung Rußlands. Er geht mit zwei Tatbeständen der gegenwärtigen Außenpolitik hart ins Gericht. Einerseits würden die Medien Konflikte hervorheben und im Lande eine Kriegsstimmung produzieren. Andererseits sei die US-Außenpolitik von ethnischen Interessengruppen dominiert. Buchanan hatte in der Vergangenheit den Kongreß ja schon einmal als "israelisch besetztes Gebiet" bezeichnet. Politik für ein starkes und unabhängiges Amerika heißt für Buchanan: "Amerika darf nicht länger der kämpfende Staat in der Frontlinie sein". Die US-Truppen müßten überall abgezogen und die europäischen Nato-Bodentruppen unter deutschen Oberbefehl gestellt werden. Die Nato-Seessteitkräfte sollten einem französischen Admiral in Neapel überlassen werden. Amerika sollte alle Verträge, die eine einseitige Zusage beinhalten, abschaffen und sich auf die Verteidigung der Heimat beschränken.

 

Patrick Buchanan: A Republic, Not An Empire, Reclaiming America’s Destiny, Washington 1999, 29,90 Dollar


 
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