© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    47/99 19. November 1999


Sigrid Hauser: Staufische Lehnspolitik am Ende des 12. Jahrhunderts
Über den Zeitrahmen hinaus
Hartmut Jericke

Zugegeben, das Lehnsrecht ist eine nicht ganz einfache und bisweilen auch eine etwas trockene Materie innerhalb der historischen Forschung. Aber es ist eine konstituierende Größe mittelalterlicher Reichspolitik, und der Umgang mit ihm kann überaus spannend sein.

Wer sich für die Bedeutung der Lehnspolitik der beiden Stauferkaiser Friedrich Barbarossa und Heinrich VI. am Ende des 12. Jahrhunderts interessiert, findet in der zu besprechenden Dissertation einen überreichen Fundus an Material. Die historiographische wie auch die urkundliche Überlieferung wird dabei für den Bereich der das staufische Kaiserreich bildenden drei Königreiche Deutschland, Burgund und Italien voll erfaßt.

Die Arbeit ist klar und übersichtlich gegliedert. Ein die topographischen Bezeichnungen sowie die Personen umfassendes Register erleichtert dem Leser den Zugang ebenso wie die dem Text angefügte Belehnungstabelle. Auf 490 Textseiten mit insgesamt mehr als 2.200 zum Teil umfangreichen Anmerkungen hat die Autorin eine lobenswerte Fleißarbeit vorgelegt. Daß dabei die Einordnung der lehnspolitischen Maßnahmen in die übergeordneten politischen Zusammenhänge bisweilen etwas zu kurz kommt, ist man angesichts der breiten Bearbeitung des umfangreichen Stoffes gern hinzunehmen bereit.

Ein Hauptziel der Arbeit besteht in der Widerlegung der Forschungsmeinung, wonach innerhalb der untersuchten Epoche Lehnsverhältnisse eine konstante Größe gewesen seien. Eine einheitliche, von allgemeingültigen Prinzipien getragene staufische Lehnspolitik habe es jedoch nicht gegeben. Es sei bei näherer Betrachtung nicht zu übersehen, daß diese Lehnspolitik häufig auf ein aktuelles Machtspiel beschränkt blieb, ohne grundsätzliche und langfristige Planung bzw. Auswirkungen.

Dies ist bis zu einem gewissen Grad zweifellos richtig. Aber dennoch darf weder Friedrich Barbarossa, vor allem aber nicht seinem Sohn und Nachfolger Heinrich VI. abgesprochen werden, daß ihr politisches Handeln geplant war.

Insbesondere Heinrich VI. ging ausgesprochen zielorientiert an die Verwirklichung seiner politischen Absichten, innerhalb derer, etwa bei der Durchsetzung des Erbreichsplans, die Lehnspolitik als wichtiges und wirksames Mittel zum Zweck eingesetzt wurde. Daß dabei aktuelle Machtkonstellationen regionaler oder dynastischer Art zu berücksichtigen waren und die staufische Politik nicht selten in ihrem Handlungsspielraum eingeschränkt war und wurde, steht dabei außer Frage.

All diese Einwände tun der Qualität des Werkes jedoch keinen Abbruch. Die Arbeit ist allerdings eindeutig zu umfangreich geraten und geht weit über den im Titel aufgeführten Zeitrahmen hinaus.

 

Sigrid Hauser: Staufische Lehnspolitik am Ende des 12. Jahrhunderts 1180–1197. Verlag Peter Lang, Frankfurt am Main 1998, 571 Seiten, 138 Mark


 
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