© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    47/99 19. November 1999


Meldungen

Diskussion um Urteile gegen SED-Funktionäre

BERLIN. Nach der Verhängung von Haftstrafen gegen den letzten DDR-Staats- und Parteichef Egon Krenz und das frühere SED-Politbüromitglied Günter Schabowski ist es zu einer Diskussion um eine Begnadigung der Verurteilten gekommen. Bundeskanzler Schröder nannte es einen unglaublichen Stil, das Urteil nur wenige Tage nach dessen Bestätigung in Frage zu stellen, was einen "Mangel an Respekt vor dem Gericht" bezeuge. Der Bundesbeauftragte für die Stasi-Unterlagen, Joachim Gauck, ist der Ansicht, daß eine Bestrafung mehr dem Rechtsfrieden dient als eine Begnadigung. Der Thüringer Allgemeinen sagte Gauck "Ich finde es wichtig, daß auch in Deutschland Schreibtischtäter zur Verantwortung gezogen werden und nicht nur jene Menschen, die das Mordwerkzeug bedienten." Der bayerische Landtagsabgeordnete Peter Gauweiler hat hingegen in einem Schreiben an den Berliner Justizsenator um Gnade für Schabowski gebeten. Er verwies auf Schabowskis Bekenntnis zu seiner Mitverantwortung für die Toten an der Mauer und erinnerte daran, daß Schabowski mit seiner Pressekonferenz am 9. November 1989 den Funken auslöste, der zur Maueröffnung führte. Günter Schabowski will das gegen ihn ergangene Urteil nicht anfechten lassen. Mit seiner Entscheidung, die dreijährige Haftstrafe anzutreten, verbindet er den Wunsch, daß "auch bei den Opfern des Grenzregimes und deren Angehörigen Rechtsfriede einkehren könne". Krenz hingegen will das Bundesverfassungsgericht anrufen.

 

Bürgerrechtler streiten sich über Maueröffnung

BERLIN. Die Tage nach dem Mauerfall 1989 werden von verschiedenen Repräsentanten der DDR-Bürgerrechtsbewegung unterschiedlich dargestellt. Der Mitbegründer des "Demokratischen Aufbruchs", Neubert, hatte in einem Buch beschrieben, daß Teile der Bürgerrechtsbewegung nach der Öffnung der Grenzübergänge erörtert hätten, ob die Mauer nicht wieder geschlossen werden müsste. Als einer der im Buch genannten hat Wolfgang Ullmann nun versichert, daß er die Forderung nach einer Schließung der Mauer nie vertreten habe, sondern nur über die Sorge einiger seiner Berater "berichtet" habe, daß die DDR bei "offenen Venen" (also uneingeschränkt freiem Grenzverkehr) nicht "am Herzen operiert" werden könne. Unterdessen bestätigte der erste Sprecher der im Herbst 1989 gegründeten Sozialdemokratischen Partei der DDR (SDP), Stephan Hilsberg, die Darstellung Neuberts. Ullmann habe ihn kurz nach dem Fall der Mauer angerufen und dargelegt, daß nach Ansicht seiner Berater "alles den Bach hinunter" gehen würde, falls die Mauer offen bleibe.

 

Fundsache: "Das konservative Studienzentrum Weikersheim, gegründet vom früheren baden-württembergischen Ministerpräsidenten Hans Filbinger (CDU) zu Zwecken der ’geistig-moralischen Wende‘, sieht sich erneut Vorwürfen wegen zu großer Nähe zu rechtsradikalen Kräften ausgesetzt. Auf der Internet-Homepage der Denkfabrik wurde bis vor wenigen Tagen unterm Begriff ’Konservative Hinweise‘ zu einer Liste von Publikationen geführt, die neben Blätern wie FAZ und Neue Zürcher Zeitung auch die junge freiheit sowie Nation und Europa enthält."

Meldung in der "Frankfurter Rundschau" vom 10. November 1999


 
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