© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    44/99 29. Oktober 1999


Kolumne
Anbiederung
von Hans-Helmuth Knütter

Die CDU will also die PDS nicht mehr verteufeln, sondern sich inhaltlich mit ihr auseinandersetzen. Einhelliger Jubel nicht nur bei Gysi und Bisky, sondern auch in den linken Medien. Also "inhaltlich" will sich die CDU auseinandersetzen. Damit qualifiziert sie ihre eigenen bisherigen Bemühungen ab. Die Schriften von Patrick Moreau und J. Lang, zahlreiche Untersuchungen der Adenauer- und der Seidelstiftung, jüngst eine Broschüre der CDU Thüringen über die PDS-Arbeit gegen den DGB – lauter hervorragende "inhaltliche Auseinandersetzungen". Also: Entweder haben die CDU-Funktionäre ihre eigenen Veröffentlichungen nicht zur Kenntnis genommen, oder sie tasten sich langsam an die PDS heran. Überrascht das eigentlich noch jemanden? Holt die CDU doch in der Regel nach, was die vorauseilende Linke tut, nur drei Jahre später und acht Groschen billiger. Ein schönes Zeichen von Charakterfestigkeit. Gestern hieß es noch, die SPD habe die PDS salonfähig geredet. Heute erkärt die CDU gewunden, es gebe doch in der PDS viele vernünftige Leute, die Sacharbeit leisten. Aber es gibt auch Ulla Jelpke, es gibt Bekenntnisse zum Leninismus, Aufrufe zur außerparlamentarischen Aktion, die Kommunistische Plattform und Interessenvertretung der Stasi. Die PDS müsse ihre Haltung zur DDR klären? Hat sie längst. In zehn Bänden der "Ansichten" kann man sie nachlesen. Die PDS-Einstellung zur DDR ist trotz einiger Wenn und Aber positiv.

Die ganze Angelegenheit kennzeichnet die CDU mehr als die PDS. Die CDU hat eine üble Tradition des "Ausgrenzens", der Stigmatisierung Andersdenkender. Ist es nicht gut, wenn man der PDS gegenüber versöhnlich auftritt und die rote Kröte schluckt? Aber das gilt natürlich nicht mit dem Blick nach rechts. Hier wird weiter hemmungslos gehetzt. Neben dem servilen Kotau vor dem "deutschen Ansehen im Ausland" geht es vor allem um Konkurrenz. Alle wissen: Die Republikaner sind Geist vom Geiste und Fleisch vom Fleische der CDU/CSU. Die REP-Gründer Voigt und Handlos waren CSU-Bundestagabgeordnete, und Franz Schönhuber war als Mitglied des "Franzens Club" am Hofe des größten Franz, F. J. Strauß, wohlgelitten. Als sie dann nicht mehr so wollten, wie sie nach der Interessenlage der CDU/CSU sollten, waren sie von heute auf morgen statt schwarzer Freunderln braune Schweine.

Deshalb: sich nach links anbiedern, aber nach rechts treten, heißt: Die CDU/CSU driftet absichtlich nach links. Unaufhaltsam? Der dummschlaue Glaube, links zu gewinnen, was in der Mitte und rechts abhanden kam, wird sich vielleicht genauso als Aberglaube herausstellen wie die Annahme, der satten Wahlbevölkerung hierzulande könne man einfach alles zumuten.

 

Prof. Dr. Hans-Helmuth Knütter lehrt Politische Wissenschaft an der Universität Bonn.


 
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