© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    43/99 22. Oktober 1999


Aus für Haß-TV
Hans Jarmer

Nachdem nun auch die letzte Prostituierte ihr Leid geklagt und der letzte Perverse seine Neigungen mit dem Publikum geteilt hatte, war es nur eine Frage der Zeit, bis die Bärbels und Arabellas dieser Welt auf die Idee kamen, wie die Quoten weiter gesteigert werden können: mit "Haß-TV" nach US-amerikanischem Vorbild.

Der Berliner Lokalsender tv berlin hat die Marktlücke erkannt. Seit über einem Jahr ging der 35jährige Christian Rahbari mit der Talkshow "Hassen live" als Berufsrüpel auf Sendung. Das Motto "Meckern, Motzen, Abkotzen" begeisterte die Zuschauer offenbar in Scharen. "Ich will mal sagen, daß mich die ganzen Kanaken ankotzen", "Mein Deutsch-Lehrer, der Herr Schneider vom Humboldt-Gymnasium, ist ein totales Arschloch" oder "Ostler sind völlig lebensuntüchtig" lauteten noch die intellektuellsten Beiträge der Anrufer.

Christian Rahbari mußte einstecken, durfte aber auch ordentlich austeilen. Schon sein Auftreten im Dreiteiler mit kubanischer Zigarre sollten ihm Machoinsignien verleihen. Er sprach aus, was scheinbar alle denken, als ihn beispielsweise ein junger Mann mit unüberhörbarem türkischen Akzent anpöbelte: "Ich fxxxx deine Mutter." Rahbari: "Paß gut auf, wenn du dich auf deinen Teppich setzt, um nach Mekka zurückzufliegen. Nicht daß du im Atlantik abstürzt..."

Wegen großen Zuspruchs von "Hassen live" lief die Sendung seit September viermal statt zweimal in der Woche. Der sonst unterhalb der Meßbarkeitsgrenze operierende Sender verzeichnete in der Zeit zwischen null und ein Uhr morgens durchschnittlich 7.000 Anrufer, die mit Rahbari reden wollten.

Letzte Woche fragte Rahbari seine ständig wachsende Fangemeinde nach dem vermeintlichen Inhalt einer dunklen Schachtel. Ein Anrufer antwortete: "Ein toter Jude". Rahbaris Antwort (sinngemäß): "Quatsch, da passen doch keine Duschen rein!" Rahbari wurde abgesetzt. Leider erst jetzt.


 
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