© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    41/99 08. Oktober 1999


Pierre Krebs: Im Kampf um das Wesen
Neue Kultur contra Egalitarismus
Werner Olles

Pierre Krebs hat sein Buch den "bei den Leitfiguren Europas" Antoine de Saint-Exupery und Kurt Eggers gewidmet. Ebenso gut hätte er auch Ezra Pound und Leon Degrelle nehmen können oder Thomas Edward Lawrence und Pierre Drieu de la Rochelle. Aber Monsieur Krebs liebt die Gegensätze und Widersprüche, und so mußten es der französische Humanist sein, der das Töten und den Krieg verabscheute und gerade diesem Furor zum Opfer fiel, und der furchtlose Kämpfer der deutschen Waffen-SS, der den Tod in Rußland suchte und fand.

Bereits in seinem Vorwort geht der Verfasser frontal das von ihm fanatisch gehaßte und vehement verachtete Christentum an. Der von Krebs polemisch propagierte Paganismus ist in diesen Ausmaßen jedoch eine regelrechte Kriegserklärung an die Konservativen christlichen Zuschnitts in Deutschland, vor allem aber an die romanischen, südosteuropäischen, mittelosteuropäischen und osteuropäischen Völker, die durch das sogenannte Neu-Heidentum in eine vorethnische Epoche zurückgeworfen würden.Wer die religiös-mythischen Wurzeln dieser Nationen in solch eklatanter Weise negiert, zeigt aber auch, daß er von diesen Völkern prinzipiell nur wenig versteht. Was hilft es da noch, sich auf Friedrich Nietzsche zu berufen, der in seiner "Fröhlichen Wissenschaft" verkündete, daß "die größte Gefahr der bisherigen Menschheit" der Monotheismus sei. Daß der Autor dem Idealismus in seiner konfessionellen Form einen eher geringen Wert zumißt, ist ihm natürlich unbenommen. Dann aber nähert er sich selbst in bekannter idealistischer Manier den Mythen, die er aus den Tiefen von Philosophie und Geschichte in das Lebendige hinaufströmen läßt. Das könnte rechtshegelianisch sein, ist aber vielleicht nur ein verlockendes Angebot für desorientierte Konservative.

Während das Kapitel "Mahapralaya oder Europa im Zeitalter der westlichen Auflösung" einen stark programmatischen Charakter hat, wird im Kapitel "Americanopolis oder die westliche Besetzung der Welt" der Hauptangriff gegen "das anorganische Modell der universalen Gleichheitsgesellschaft amerikanischen Zuschnitts" geführt, in dem sich die Völker innerhalb der Masse auflösen und das Individuum die Person verdrängt. Zwar ist die Analyse des Autors über die "egalitäre Gesellschaft" und die "vermasste Menge" als "Ort der größten Promiskuität, aber zugleich auch der schlimmsten, hoffnungslosesten Einsamkeit" weitgehend richtig, auch dem, was er über den "Neo-Primitivismus in der Kunst", die "Kritzeleien der Pop-Art" und die "unvorstellbare Langweiligkeit einer kakophonischen Musik" schreibt, kann man nur zustimmen. Aber schon im nächsten Kapitel beschwört er den "schicksalhaften Willen", der die geistigen und seelischen Bedingungen schaffen könnte, die es den Göttern gestatten würden, "am Horizont eines Neuanfangs wieder zu erscheinen, dies ist der Grundzug unseres heidnischen Konzepts". Dies bezeichnet Krebs als "ethischen und ästhetischen Staatsstreich".

Im letzten Kapitel erläutert Krebs schließlich die Möglichkeiten, sich vom Westen abzulösen, um zu den "alten Gesetzen" zurückzukehren. Es wäre wohl ein Fehler, diese Gedanken als eine Attitude des intellektuellen Snobismus zu verstehen. Die "Neue Kultur" meint es durchaus ernst, sie hat der linken Avantgarde und dem rechten Ressentiment den Kampf angesagt, will ähnlich wie die rationalistischen Rattenfänger nach 1968 die zweitausendjährige Geschichte des Christentums im Handstreich eliminieren, um einem modisch-rauschhaften Heidentum zu frönen. Werner Olles

 

Pierre Krebs: Im Kampf um das Wesen, Verlag Burkhart Weeke, Horn-Kassel-Wien 1998, 128 Seiten, 29,80 Mark


 
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