© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    41/99 08. Oktober 1999


CDU/CSU: Kritik an bayerischem Ministerpräsidenten nimmt weiter zu
Stoiber: Freiheitliche koalitionsfähig
(JF)

Der bayerische Ministerpräsident Edmund Stoiber (CSU) ist mit seiner Koalitionsempfehlung zugunsten der FPÖ auch in der CDU auf Widerstand gestoßen.

Während Stoiber auch am Dienstag zu seiner Empfehlung stand, verwies der CDU-Vorsitzende Wolfgang Schäuble bei einer gemeinsamen Pressekonferenz in Berlin auf einen Beschluß vom Vortag, der Österreichischen Volkspartei (ÖVP) von Deutschland aus keine Ratschläge zu erteilen. Stoiber hatte der ÖVP am Montag empfohlen, eine Koalition mit der FPÖ einzugehen. Bedingung müsse sein, daß Parteichef Jörg Haider nicht in die Regierung eintrete. Stoiber begründete seinen Ratschlag über die Grenze hinweg mit den besonders engen Beziehungen der CSU zur ÖVP. Es müsse in Österreich eine Alternative zu einer großen Koalition geben. Auch die demokratische Rechte müsse integriert werden. Der stellvertretende CDU-Vorsitzende Christian Wulff widersprach Stoiber im ZDF-Morgemagazin: "Hier gibt es keinen Konsens zwischen CSU und CDU." Die CDU habe eine "deutlich andere Position". Ähnlich äußerte sich Parteivize Volker Rühe.

Es sei "falsch, hier überhaupt eine Empfehlung zu abzugeben", aber auch "diese gegebene Empfehlung ist falsch", sagte Rühe einem Berliner Boulevardblatt. Vertreter der Jüdischen Gemeinde kritisierten Stoiber in besonders scharfer Form. Andreas Nachama sagte dem Mitteldeutschen Rundfunk, die Empfehlung Stoibers zeige, "wie weit rechts die CSU von der CDU" stehe.

Der CDU-Politiker Michel Friedmann, Präsidiumsmitglied im Zentralrat der Juden, bezeichnete Stoibers Vorschlag als "nicht nur falsch, sondern auch gefährlich". Er warnte die ÖVP in der in Potsdam erscheinenden Märkischen Allgemeinen ausdrücklich vor einer Koalition mit der Partei des "Rassisten" Jörg Haider.

Der designierte SPD-Generalsekretär Franz Müntefering forderte Schäuble auf, sich von Stoibers Ratschlag klar zu distanzieren und die CSU zur Ordnung zu rufen. Von keiner Volkspartei dürfe auch nur das kleinste Signal ausgehen, daß "rechtspopulistische und mehr oder weniger ausländerfeindliche Parteien" koalitionsfähig seien. Sie könnten auch nicht einfach dazu erklärt werden.


 
Versenden
  Ausdrucken Probeabo bestellen