© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    37/99 10. September 1999


Oper: "Eine Nacht in Venedig" bei den Seefestspielen in Mörbisch
Der Markusplatz im Burgenland
Julia Poser

Kaum beachtet dümpelten bis vor einigen Jahren die Seefestspiele im Neusiedler See nahe der ungarischen Grenze vor sich hin. Als aber 1993 Professor Harald Serafin, einst ein gefeierter Graf Danilo am Wiener Volkstheater, die Intendanz der Mörbischer Festspiele übernahm, erreichte er in sechs Jahren, daß der kleine Ort im österreichischen Burgenland zum vielgepriesenen "Mekka der Operette" wurde.

Serafin ließ eine neue Zuschauertribüne bauen, auf der während der sommerlichen Festspiele allabendlich 4.500 Zuschauer mit guter Sicht von allen Plätzen klassische Operettenseligkeit genießen können. Für die Aufführungen engagierte er stets beste Regisseure und einen weltweit bekannten Ausstatter, gute Sänger und erfahrene Dirigenten, die noch wissen, wie man Freunde der Operette begeistern und bezaubern kann.

Und der Erfolg gab Intendant Serafin recht: 155.000 Besucher kamen in diesem Sommer nach Mörbisch, um eine der bisher aufwendigsten und schönsten Inszenierungen zu sehen. Im Johann Strauss-Jahr war es eine Operette des Wiener Walzerkönigs. Für "Eine Nacht in Venedig" baute der seit sechs Jahren für Mörbisch wirkende Ausstatter Rolf Langenfass eine grandiose Venedig-Kulisse auf die vergrößerte Seebühne. Der Markusplatz mit dem Campanile, Palazzi, Brücken und schließlich zum großen Finale San Marco hell erleuchtetet entzückten das Auge. Wenn dann noch venezianische Gondeln den "Canal Grande" befahren, ist die Illusion perfekt. Und dazu noch die prachtvollen Kostüme, die Langenfass für die Karnevalsnacht in Venedig geschaffen hat: einfach zauberhaft schön!

Der Schauspieler und Regisseur Helmut Lohner, Direktor des Wiener Theaters in der Josefstadt, hält nichts von modernistischen Operettenexperimenten, welche die Zuschauer nur enttäuschen. "Eine Nacht in Venedig" ist musikalisch fast schon eine komische Oper mit ihrer Fülle herrlicher Melodien wie dem Gondellied, den anspruchsvollen Arien des Herzogs von Urbino oder der Canzone der Fischerin Annina "Frutti di Mare".

Eine solch großartige Operette darf man nicht verfälschen, sondern muß sie in ihrer ganzen Pracht inszenieren, meint Lohner. Deshalb wird auch der oft gestrichene Karneval in Venedig in Mörbisch gefeiert, für den der eroberungslüsterne Herzog von Urbino eigens in die Lagunenstadt gekommen ist: "Ach wie so herrlich zu schau’n, sind all die lieblichen Frau’n", singt Marc Clear beim Anblick der reizvollen Venezianerinnen mit einschmeichelndem, höhensicheren Tenor. Ein sehr verführerischer Herzog, der trotzdem in dieser Nacht in Venedig nicht auf seine Kosten kommt. Aber fast alle Paare finden am Ende nach pikanten Verwechslungskomödien zueinander. Der Spaghettikoch Pappacoda, überzeugend von Markus Heinrich gesungen, bekommt nicht nur die Stelle des herzoglichen Leibkochs, sondern auch die süße Zofe Ciboletta, die Romana Noack temperamentvoll spielte; bei ihrer Schwips-Arie erhielt sie großen Beifall.

Christian Baumgärtels Caramello war ein eleganter herzoglicher Barbier, der mit schmelzendem Tenor "Komm in die Gondel mein Liebchen, o steige doch ein" sang. In der Partie der Fischerin Annina begeisterte Heike Wittlieb mit klarem hellen Sopran.

Auch die vielen kleinen Rollen wie die Senatoren und ihre Frauen, der spritzige Chor, die Tänzer, der Feuerschlucker, sie alle trugen zum Gelingen dieses glanzvollen Abends bei. Professor Rudolf Bibl dirigierte das Symphonie Orchester Burgenland mit dem untrüg-lichen Fingerspitzengefühl des Wieners für Johann Strauss. Unter den mitreißenden Klängen von "Alles maskiert, wo Spaß, wo Tollheit und Lust regiert" endete die rauschende "Nacht in Venedig" dann mit einem prachtvollen Feuerwerk über dem Neusiedler See.

Karten für die 34 Aufführungen von "Der Zigeunerbaron" im kommenden Jahr (13. Juli – 27. August 2000) gibt es bei: Seefestspiele Mörbisch, Schloß Esterhazy, A-7000 Eisenstadt. Tel.: 0043 / 26 82 / 6 62 10, Fax: 0043/26 82 / 6 62 10 14.


 
Versenden
  Ausdrucken Probeabo bestellen