© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    36/99 03. September 1999


Kommunalwahlen: In NRW geraten die Sozialdemokraten in Bedrängnis
Einbrüche an Rhein und Ruhr
Volker Kempf

Den besten Kommunalwahlkampf für CDU, FDP, einige freie Wählergruppen, Republikaner sowie kleinere Parteien macht derzeit die SPD. Aus Bonn bzw. jetzt aus Berlin bläst den Sozialdemokraten reichlich Wind ins Gesicht, weil die rot-grüne Bundesregierung nicht hält, was sie vormals versprochen hat. Mit den Dauerquerelen in der rot-grün geführten Landesregierung und dem verlorenen Verfassungsstreit wegen des Wegfalls der Fünf-Prozent-Sperrklausel bei den Kommunalwahlen machte sich die SPD in Nordrhein-Westfalen das Leben noch zusätzlich schwer.

Doch damit nicht genug, verstanden es in jüngster Zeit Oberbürgermeisterkandidaten der SPD, sich mit zwielichtigen Insidergeschäften sowie einem Rotlichtskandal vorzeitig ins Abseits zu manövrieren. Die negative Ausstrahlung reicht über das ganze Land; besonders betroffen sind Dortmund, Gelsenkirchen, Gladbeck und vor allem auch Köln. Vorläufiger Höhepunkt ist der Rückzug des Kölner Oberbürgermeister-Kandidaten Klaus Heugel. Der 63jährige SPD-Politiker sorgte für reichlich Schlagzeilen, weil er beim Erwerb von Aktien des Kölner Energietechnik-Konzerns Felten & Guilleaume als Chef des Aufsichtsrates der Stadtwerke Köln von dem bevorstehenden Verkauf des Unternehmens wußte und mit dem Kauf und Verkauf von Aktien 14.483,14 Mark verdiente. Gegenüber dem Düsseldorfer Express gab Heugel noch vor seinem Abgang kleinmütig zu: "Ich habe mich einfach saublöd verhalten. Wie ein dummer Junge."

Seitdem Heugel das Handtuch geworfen hat, herrscht bei den Sozialdemokraten nicht einmal mehr der übliche Zweckoptimismus vor. Entsprechend fallen die Umfrageergebnisse aus. Auf Landesebene ist jeder zweite NRW-Bürger mit allen Parteien unzufrieden, vor allem aber mit der SPD. Das Meinungsforschungsinstitut Psepho ermittelte für das WDR-Magazin Westpol unter 1.001 Befragten, daß nur 19 Prozent die SPD für die beste Partei halten, während es im Mai noch 38 Prozent waren. In den Umfragen liegt die SPD bei landesweit 43 Prozent (gegenüber 46 Prozent bei der Landtagswahl im Mai 1995); ihr grüner Koalitionspartner verlöre mit einem Ergebnis von acht Prozent weitere zwei Prozentpunkte. Die CDU käme hingegen von 39 auf 42 Prozent, die FDP bliebe unverändert bei vier Prozent. Andere Parteien würden einen Punkt zulegen, sie kämen zusammen auf drei Prozent.

Auf kommunaler Ebene freuen sich derweil die Republikaner und PDS darauf, merklich mitmischen zu dürfen und hier oder da sogar das Zünglein an der Waage zu spielen. Danach sieht es beispielsweise in der Landeshauptstadt Düsseldorf aus. Die bislang von Skandalen unbelastete Düsseldorfer Oberbürgermeisterin Marlies Smeets (SPD) liegt in den Umfragen zwar eindeutig vorn. Doch nach einer Befragung von 1.006 Düsseldorfern, die das Meinungsforschungsinstitut Forsa im Auftrag des Express durchgeführt hat, wird die CDU mit 44 (ein Plus von über vier Prozent) und 36 Sitzen stärkste Fraktion werden. Die SPD rutschte hingegen von 41,4 auf 38 Prozent ab und bekäme damit nur noch 31 Sitze. Über drei Prozent büßten auch die Grünen ein, die mit der SPD bisher die Ratsmehrheit stellen – 9 Prozent und damit acht Sitze gibt Forsa den Grünen noch. Die FDP käme auf vier Sitze, Republikaner und PDS auf jeweils ein oder zwei Sitze.

Anders sieht es in der traditionellen SPD-Hochburg Dortmund aus; dort stellt das Forsa-Institut dem SPD-Kandidaten Gerhard Langemeyer nur 32 Prozent der Stimmen in Aussicht, dem CDU-Konkurrenten Volker Geers hingegen 55 Prozent. Andere Umfrageinstitute haben ähnliche Zahlen ermittelt.

In einigen Städten, wie der Ruhrmetropole Essen, reicht es der SPD nicht einmal, ihr Ergebnis von vor fünf Jahren zu halten, um ihre absolute Ratsmehrheit zu verteidigen. Schuld daran ist der Wegfall der Sperrklausel, der den kleinen Parteien erstmals den Weg in die Kommunalparlamente ebnet.

Für die Sozialdemokraten an Rhein und Ruhr heißt es am 12. September, sich warm anzuziehen und damit zu trösten, daß es zur Landtagswahl im Mai nächsten Jahres nicht mehr viel schlimmer kommen kann.


 
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