© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    35/99 27. August 1999


Lohnender Einsatz
von Klaus Motschmann

Es gibt nur wenige Veranstaltungen im gesellschaftlichen und politischen Leben, die man schon vorab, unabhängig vom Verlauf und ihren Ergebnissen, als vollauf gelungen beurteilen kann. Dazu gehört die Not-Synode am 4. September in Hannover, zu der sich auf Initiative des niedersächsischen Unternehmers Rudi Weinmann konservative evangelische Christen versammeln.

Äußerer Anlaß ist die Amtseinführung der bisherigen Generalsekretärin des Evangelischen Kirchentages, Margot Käßmann, als Bischöfin der hannoverschen Landeskirche. Ihre Wahl sowie die jetzige Einführung haben weit über die evangelische Kirche hinaus ein positives Echo gefunden. Es heißt zwar, daß niemand für den Beifall von "falscher Seite" verantwortlich gemacht werden sollte; allerdings sollte dieser Beifall Anlaß zum Nachdenken sein, vor allem dann, wenn er gar nicht von der "falschen Seite" kommt, sondern von offenkundigen Weggefährten, Sympathisanten und Zeit-Geistlichen aus und im kirchlich-politischen Linksspektrum, das bekanntlich mehr ideologisch denn theologisch motiviert ist.

Damit sind die wesentlichen Gründe für die Durchführung einer Not-Synode angesprochen. Es geht nicht in erster Linie um das Problem der Frauenordination, sondern um die im Programm ausgewiesenen Problemkreise "Bekenntnis und Grundlage unseres Glaubens", "Reform der Kirchenverfassung", "Biblische Wegweisung zu aktuellen Themen". Allerdings lassen die Veranstalter keine Zweifel, daß sie die Frauenordination ablehnen, wobei sie sich auf Theologie und kirchliche Praxis der katholischen, der orthodoxen und der Mehrzahl der protestantischen Kirchen berufen können!

Es bleibe dahingestellt, ob der Beschluß der Landeskirchen zur Frauenordination den Rang einer neuen Offenbarung hat, so daß jeder, der gegen die Frauenordination ist, nach Meinung der Bischöfin bereits "außerhalb der Landeskirche" stehe.

Aber wie immer man dieses theologische Thema auch beurteilen mag. Entscheidend ist die Tatsache, daß eine sachliche Auseinandersetzung zu diesem und viel grundlegenderen Problemen seit Jahren nicht mehr möglich ist. So wurden Pfarrern "disziplinarrechtliche" Maßnahmen angedroht, wenn sie an der Not-Synode teilnehmen oder sie gar aktiv unterstützen. In der Auseinandersetzung mit den "Sozialisten aller Landeskirchen" lautete die Devise, daß man ihnen "argumentativ, nicht administrativ" begegnen müsse. Nun also exakt umgekehrt. Hannover locuta, causa finita!

Nach menschlichem Ermessen wird die Not-Synode keine neue Reformation einleiten. Sie hat aber der breiten Öffentlichkeit ein überzeugendes Bild von der inneren Verfassung der evangelischen Kirche vermittelt. Wenn das den Einsatz nicht gelohnt hat!


 
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