© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    29/99 16. Juli 1999


CD: Pop
Wiederauferstanden
Holger Stürenburg

Zwei alte Haudegen der amerikanischen Rhythm’n ’Blues-Szene kehren in diesen Tagen mit ihren aktuellen CDs ins Musikgeschehen zurück. So frisch und unverbraucht wie seit langem nicht mehr, stellen Slide-Ass George Thorogood und Rockshouter Eddie Money ihre neuesten Auswürfe vor. Der 47jährige Gitarrist Thorogood gilt als einer der besten Bluesinterpreten der Welt. Seine Karriere, zusammen mit der Band The Delaware Destroyers, begann bereits 1973 und beinhaltete über zehn Alben, auf denen er traditionellen Blueskompositionen von John Lee Hooker, Chuck Berry, Bo Diddley oder Johnny Otis neue Frische eingehaucht hat, die von krachenden Eigenkompositionen ergänzt wurden. Frühe Thorogood-Alben aus den siebziger Jahren klangen oft knochentrocken; später öffnete sich Thorogood auch Tasteninstrumenten und Bläsern – fand also einen Weg vom puren Blues zu radiotauglichem Bluesrock.

In diesen Wochen kommen Thorogood und seine Zerstörer aus Delaware mit ihrem neuen Album "Half a Boy and Half a Man" zurück. Die Auswahl jener bekannten Nick-Lowe-Komposition als Titellied zeigt eine noch deutlichere Hinwendung zum Pop; die seit Jahren fest zusammengeschweißte Band klingt absolut frisch, neuartig, jugendlich – obschon viele der neu intonierten Coverversionen oft 30 bis 40 Jahre auf dem Buckel haben. Besonders der Einsatz von verschiedenartigen Keyboards, Synthesizern – bei einem Lied meint man gar ein Akkordeon zu vernehmen – lassen Thorogoods Bluesrock weicher, lebendiger, gefühlvoller ertönen als seine oft drögen Gitarrenrocker in den Achtzigern. Gäbe es in Deutschland so etwas wie einen echten "Classic Rock"-Sender, wäre garantiert, daß dort "Half a Boy and Half a Man" wochenlang rotieren würde.

Von Eddie Money hat man ebenfalls seit vielen Jahren nicht allzuviel gehört. 1986/87 wurde er hierzulande mit seinen romantisch-sensiblen Bluesrockern "Take me Home tonight" und "I wanna go back" als "Next American Rock Sensation" (Konzertmogul Karsten Jahnke) angekündigt, blieb aber ein Tip für Eingeweihte. Nun hat Eddie Money einen spirituellen Weg eingeschlagen und kümmert sich mehr um Frau und Familie denn um "Sex und Drugs". Aber vom Rock’n’Roll konnte er bis heute (gottseidank) nicht lassen. Seine aktuelle Doppel-CD "Ready Eddie/Shakin‘ with the Money Man" zeigt ihn in höchster Form, und "Ready Eddie" ist durchaus als einer der interessantesten Höhepunkte aus der Vielzahl der CD-Veröffentlichungen anno domini 1999 hervorzuheben.

Die erste der beiden CDs enthält brandneue Kompositionen des begnadeten Saxophonisten, die allesamt nach den Hochzeiten des klassischen Rock Mitte der Achtziger klingen, aber dennoch in frischem Arrangement und bester Klangqualität durch die Boxen dröhnen. Allen, die in den Sommerferien auf einsamen Landstraßen fahren werden, sei empfohlen, das Schiebedach ihres Autos weit zu öffnen und in den Auto-CD-Spieler jenes neue Werk von Eddie Money einzuschieben. Die Fahrt geht garantiert doppelt so schnell. Die zweite CD enthält nochmals vier neue Hits (unter anderem das Weihnachtslied "Everybody loves Christmas"), und danach geht es dann richtig los!

Es sei der Plattenfirma SPV sehr anzuraten, ihre beiden neuen Vertragspartner vielleicht als "Doppel-Pack" auf Deutschland-Tour zu schicken. Dies wäre ein Konzertabend, den man nicht so schnell vergessen würde!


 
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