© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    28/99 09. Juli 1999


Frauen an die Waffen
von Ellen Kositza

Während in der Männerwelt, zumal der bundesdeutschen, Militär und Militärisches immer höhere Plätze in der gesellschaftlichen Out-Liste erklimmen und die Verweigererzahlen seit dem Kosovo-Krieg wieder zunehmen, ist es der 22jährigen Elektronikerin Tanja Kreil unerträglich, als "Gemeinschaftsangehörige" den Dienst an der Waffe nicht ausüben zu dürfen. Im Gegensatz zur Mehrzahl der europäischen Staaten dürfen Frauen in der Bundeswehr nur als Sanitäterinnen oder im Musikkorps eingesetzt werden. Die Frage nach einem Waffendienst durch Frauen läßt sich dabei auf mehreren Ebenen angehen. Da wäre einmal die Anthropologie. Frau und Waffe? Frau und töten? Frau und die Rechtwinkligkeit militärischen Drills? Oh nein, windet sich da die konservative Seele: Ist die Frau nicht Bewahrerin des Lebens statt als Richterin über dasselbe ganz bei sich?

Wie plausibel eine solche Herangehensweise mit Blick aufs Globale und Ewige auch sein mag – Anthropologisches als Argument ist unzeitgemäßer denn je, denn die Annahme einer Polarität von Mann und Frau ist unpopulär, die Dekonstruktion der Geschlechterzweiheit und ihr zugedachter Wesenheiten ist längst nicht mehr nur utopische Propaganda. Die postmoderne Frau pflastert längst schon Straßen, bewaffnet sich als Polizistin, kurz, empfindet sich auch für´s Grobe zuständig. Sollte Kreil mit ihrer Klage Erfolg haben, was eigentlich politisch wie gesellschaftlich nur konsequent wäre, würde aber, um der wahren Gleichstellung willen, eine allgemeine Dienstpflicht nur folgerichtig sein.

Ein weiterer Punkt der Diskussion ist die Frage nach der Gleichstellung militärischer Schlagkraft, wenn Frauen gleichberechtigt in den Divisionen dienen. Hier wird zum einen auf die tendenziell geringere Körperkraft von Frauen hingewiesen, zum anderen fallen diffusere Begriffe wie Zusammenhalt und Identität der Truppe, Kameradschaft. Frauen, so heißt es regelmäßig von Bundeswehrsoldaten, irritierten und störten hier nur.

Wem die tiefere Bedeutung solchen "Kameradschaft"-Begriffes nicht von Grund auf zugänglich ist, der mag sich sich dem Thema ex negativo nähern. Man setze sich in ein Zugabteil mit wochenendheimreisenden Soldaten und belausche das derbe Gespräch über die "Standortmatratze". Gemeint war in diesem Fall offensichtlich eine Sanitäterin, über deren kompanieinterne Verteilung gestritten wurde.

Wenn ein Mädchen gern öfter mal stillsteht, sich in Schlamm suhlt und sich freiwillig in militärischen Gehorsam begeben mag – bitte. Inwieweit das die "Kampfkraft"schwächt, mögen andere beurteilen. Emanzipierend ist das nicht.


 
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