© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    26/99 25. Juni 1999


Kulturtagebuch: Freimaurer erinnern an Gründungsjahr des ersten Dachverbandes
Einigung nach einem Vierteljahrtausend
Andreas M. Daniel

Die Auseinandersetzung um ihre Ziele und ihren Einfluß ist mittlerweile ebenso alt wie die mehr als 250jährige Geschichte der Freimaurer selbst. Den einen gelten sie als geheimbündlerische Organisation und Projektionsfläche für Weltverschwörungstheorien aller Art, den anderen – die allerdings zumeist nicht darüber sprechen – als eine Vereinigung von Gleichgesinnten, die für Glaubens-, Gewissens-, Denk- und Redefeiheit eintreten und eine "mensch-liche Vervollkommnung" erstreben.

Jetzt haben die deutschen Freimaurer des 50. Jahrestages der Gründung einer ersten Dachorganisation nach über 250 Jahren der Zersplitterung gedacht. Bei einem Festakt in der Frankfurter Paulskirche feierten am vergangenen Wochenende rund 1.300 geladene Gäste den Zusammenschluß von traditionellen und nach dem Zweiten Weltkrieg neugegründeten Logen zur "Vereinigten Großloge der Freimaurer von Deutschland" am 19. Juni 1949. An dem Festakt nahmen Delegationen aus 40 Ländern teil, darunter Großmeister aus Rußland, Israel und Jugoslawien. In seiner Festrede erinnerte Jens Oberheide, Großmeister der Großloge der alten freien und angenommenen Maurer von Deutschland – der mitgliederstärksten Großloge in Deutschland – an die zentrale Bedeutung dieses Einigungswerkes, das damals ebenfalls in der Frankfurter Paulskirche stattfand. Heute gehören nach Angaben der Freimaurer mehr als 260 deutsche Logen mit etwa 9.000 Mitgliedern zu dem Dachverband.

Die Entwicklung der aus englischen und französischen Wurzeln in der ersten Hälfte des 18. Jahrhundert entstandenen Freimaurerei in Deutschland wurde ab 1740 maßgeblich durch Friedrich II. geprägt, der selbst zwei Jahre zuvor als Kronprinz Freimaurer wurde und später die Aufnahme von Adligen, Militärs und Politikern förderte. Knapp zwei Jahrhunderte später, Anfang 1930, gab es etwa 80.000 Freimaurer in 640 Logen. Zwischen 1933 und 1935 wurden sämtliche Freimaurerlogen verboten bzw. zur Selbstauflösung gezwungen, und zwar sowohl jene, die sich den Nationalsozialisten widersetzten als auch solche, die sich anzupassen versuchten. "Es hat einen bitteren Beigeschmack, daß sie nicht solidarisch untergegangen sind, in Würde, Schulter an Schulter", erklärte dazu in Frankfurt Jens Oberheide. Heute verstehen sich die Freimaurer als "ethischer Symbolbund", sagte der Großmuster.


 
Versenden
  Ausdrucken Probeabo bestellen