© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    23/99 04. Juni 1999


Wehrmachtsausstellung: Hamburg im Sog linker Gewalt
Militante gehen zur Tat über
Hanno Borchert

Die demagogische Wehrmachtsausstellung ist nach gut vier Jahren, in denen sie an 32 Ausstellungsorten in Deutschland und Österreich gezeigt wurde, an ihren Entstehungsort Hamburg zurückgekehrt und wirft ihre Schatten voraus. "Hamburg drohen die größten Auseinandersetzungen zwischen Links- und Rechtsextremisten seit Gründung der Bundesrepublik", warnt der Vorsitzende der Gewerkschaft der Polizei, Konrad Freiberg. Und der Chef des Landesamtes für Verfassungsschutz, Reinhard Wagner (CDU), sieht die Schuld an möglichen Zusammenstößen vornehmlich bei den Linken. "Die Militanzdebatte bei ihnen ist abgeschlossen, man geht zur Tat über."

Die Ereignisse der vergangenen Woche bestätigten die Einschätzungen der Experten. So wurden in der Nacht zum Dienstag drei Reisebusse des Unternehmers Peter Schönherr von autonomen Brandstiftern abgefackelt. Sein "Vergehen" war es, vermeintliche Rechtsextremisten zur Demonstration gegen die Wehrmachtausstellung nach Kiel transportiert zu haben. In der gleichen Nacht schwärmten dann Kommando-Trupps aus, um über 40 Kriegerdenkmäler im gesamten Hamburger Stadtgebiet durch Farbanschläge zu schänden.

Nächstes Opfer wurde der Mitbegründer der TV-Sendung "Panorama", Rüdiger Proske (82), dessen Haus und Auto mit Steinen und mit Farbe gefüllten Flaschen hart attackiert wurde. Der Sozialdemokrat hatte in mehreren Schriften und Interviews – u.a. in der JUNGEN FREIHEIT– die Ausstellung kritisiert und ihre wissenschaftliche Seriosität in Frage gestellt. Vorläufiger Schlußpunkt dieses Feldzuges gegen die Meinungsfreiheit ist der Anschlag auf das Haus der Landsmannschaft Ostpreußen, bei dem eine Reihe von Fensterscheiben zertrümmert wurden. In dem Gebäude befinden sich auch die Redaktionsräume des Ostpreußenblattes.

Überraschen dürften die Angriffe aus der Autonomen-Szene jedoch nicht. In dem Antifa-Blatt Interim Nr. 467 vom 14. Januar 1999 wird freimütig bekannt, daß "Naziaufmärsche" wieder teuer werden müssen. Weiter heißt es: "Ziel sollte es sein, bei den Nazis so viel wie möglich materiellen Schaden anzurichten. (…) Denn mehr und stärker werden können wir nur dann, wenn es uns gelingt zu zeigen, daß Widerstand machbar ist."

Als Reaktion auf den Anschlag lud der Initiator der Ausstellung, Jan Philipp Reemtsma, Rüdiger Proske ein, seine Kritik bei der Eröffnung vorzutragen. Proske hielt den Ausstellungsmachern unter anderem vor, das Urteil des Internationalen Militärgerichtshofes in Nürnberg, die Wehrmacht sei keine verbrecherische Organisation gewesen, umkehren zu wollen.


 
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