© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    23/99 04. Juni 1999


Rudolf Schuster
Mann des Westens
von Horst Rudolf Übelacker

Erwartungsgemäß wurde am vergangenen Sonntag der bisherige Oberbürgermeister der zweitgrößten Stadt der Slowakei, Kaschau, in der ersten Direktwahl seit dem Wiedergewinn der Selbstständigkeit zum Staatspräsidenten der Slowakei gewählt. Damit hat Rudolf Schuster, der neben der Amtssprache auch Ungarisch und Deutsch spricht, seinen Konkurrenten, den dreifachen slowakischen Ex-Premier Vladimir Meciar, mit 57 Prozent zu 43 Prozent deutlich geschlagen.

Der Wahlerfolg des studierten Ingenieurs für Wasserbau, der bei den Ostslowakischen Eisenwerken (VSZ) in Kaschau in nur zwölf Jahren ins oberste Management vorstieß und 1983 in die Politik wechselte, wird allgemein auch als Erfolg für den Westen gewertet. Die Medien sprechen von einem "Signal" und von einer Bestätigung des Wechsels der Slowaken zur "Demokratie". Damit verbunden wird die Hoffnung auf ein Fortführen des Reformkurses im Inneren sowie eine weitere außenpolitische Annäherung an den Westen, mit dem Ziel eines EU- und Nato-Beitritts der Slowakei.

Rudolf Schuster enstammt einer karpatendeutschen Familie der legendären deutschen Siedlung Metzenseifen, wo er zum Gedenken an die Karpatendeutschen, die dort Kupfer gefördert haben, ein Museum gegründet hat. Zur Vertreibung der Karpatendeutschen im Jahre 1945 ist bisher keine Äußerung von ihm bekannt geworden. Tatsache ist, daß seine Familie nicht enteignet und verjagt wurde. Sein Bruder war ein Partisan, und sein Vater war ein Kommunist. Seine Mutter ist wie er gläubiger Katholik, was Schuster als sein kleines Geheimnis bezeichnet. Diese Voraussetzung machte seine Karriere eher schwer. Neben Intelligenz, Ehrgeiz, Zähigkeit und Durchsetzungsvermögen mußte er in Zeiten des Kommunismus auch Anpassungsfähigkeit beweisen – bis zum rechtzeitigen Wechsel der Überzeugungen.

Nach seinem erfolgreichen Studium nimmt er die Stellung bei den Eisenwerken an – der Wohnung wegen. Bei seinem Wechsel in die Politik unterstützen ihn die mächtigen Stahlbarone der Region um Kaschau. Er wird Mitglied im Zentralkomitee der tschechoslowakischen KP und macht sich als Vorkämpfer der regionalen Interessen beim Volk bekannt und beliebt.

Mit der Wende 1990 verläßt er die Kommunistische Partei und wird Botschafter in Kanada, wo er das westliche Denken lernt. Zurück in Kaschau verschönert er seit 1994 das mittelalterliche Stadtzentrum. Vor allem baute er sich als Konkurrent zu Meciar auf und gründete die "Partei der bürgerlichen Eintracht", die jedoch bei den Parlamentswahlen im September 1998 bei nur 8 Prozent hängen blieb. Ob jedoch sein politischer Einfluß insgesamt stark bleibt, ist heute noch offen, da der Staatspräsident in der Slowakei in erster Linie eine repräsentative Aufgabe hat.


 
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