© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    18/99 30. April 1999


Kulturtagebuch: Andreas Mölzer wird Kulturberater von Jörg Haider
Atomare Apokalypse und Lyrik
Thorsten Thaler

Der zum Landeshauptmann (Ministerpräsident) von Kärnten gewählte Chef der Freiheitlichen Partei Österreichs, Jörg Haider, übernimmt in seiner Koalitionsregierung zusätzlich das Kulturressort. "Ich möchte dazu beitragen, der Kärntner Nestbeschmutzung im In- und Ausland mit Kärntner Steuergeldern ein rasches Ende zu setzen", erklärte Haider in seiner Antrittsrede vor dem Landtag in Klagenfurt. Als Berater an Haiders Seite steht Andreas Mölzer, Chefredakteur der Wiener Wochenzeitung Zur Zeit und Kolumnist für diverse österreichische Medien. Nach Bekanntwerden der Beratertätigkeit Mölzers haben seine Kritiker jetzt den von ihm 1994 veröffentlichten Roman "Der Graue", in dem Mölzer das Überleben nach einer atomaren Apokalypse beschreibt, und den ein Jahr zuvor im Arun-Verlag herausgegebenen Gedichtband "Lob der Kälte" ausgegraben – beides offenkundig einzig in der Absicht, Mölzer (und damit Haider) kulturpolitisch zu diskreditieren. Kostprobe aus dem Gedichtband: Zur Gruft geworden – das Land / Verkauft um dreißig Silberlinge / Wände kalt glatt / Wie falscher Marmor / In den Sarkophagen des Vergessens / Modert der Vaterlandsleichnam / und Ratten / Sind die Herren der Tiefe.

 
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