© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    16/99 16. April 1999


Zitate

"Rudolf Scharping hat sich am 16. Tag des Krieges in aller Öffentlichkeit über die restriktive Informationspolitik der Nato in Brüssel beschwert. Aber in welchem Bündnis leben wir, wenn der Verteidigungsminister der zweitwichtigsten Allianzmacht von seinen angelsächsischen Verbündeten nicht über jede Phase der laufenden Operation voll auf dem Laufenden gehalten wird? Wo bleibt in diesem Falle der demokratische Vorrang der Politik über das Militär? Der Eindruck verfestigt sich ohnehin, daß die gesamte Strategie der Nato in Washington vom Pentagon ausgearbeitet wird und vom Präsidenten der USA das grüne Licht erhält. Man möchte gern wissen, ob die deutsche Regierung an diesen Entscheidungen, an der Auswahl der Ziele, am Übergang von der ersten zur problematischen zweiten Phase des Feldzugs überhaupt beteiligt wird, oder ob sie sich wie die britische Regierung Tony Blairs mit der Rolle des ’Pudels der USA‘ begnügt. Der unfreundliche Ausdruck stammt aus der amerikanischen Presse."

Peter Scholl-Latour, Kriegsberichterstatter, in der "Welt am Sonntag" vom 11. April 1999

 

 

"Die dramatischsten Erschütterungen spielen sich freilich im winzigen Reich des Guten ab, bislang identisch mit den Grünen und ihrem bunten intellektuellen Umfeld. Seit Joschka Fischer selbst aus den eigenen Reihen heraus als ’Kriegstreiber‘ beschimpft wird, ist es vorbei mit dem parteiinternen Pazifismus und der von allen geteilten, schlichten Lehre aus 4.500 Jahren Weltgeschichte: ’Nie wieder Krieg‘ In großen Schüben sorgt die Lehrmeisterin namens Realität für Veränderungen des Bewußtseins, die noch vor wenigen Jahren als nackter Verrat an den eigenen Idealen gebrandmarkt worden wären."

Reinhard Mohr im "Spiegel" Nr. 15 vom 12. April 1999

 

 

"Ich finde, daß wir in diesem Land viel zu wenig offen auch über sensible Fragen streiten. Es gibt viel zuviel Gedankenfeigheit bei uns. Schauen Sie doch nach Amerika, wie hart dort die Debatten geführt werden. Deshalb habe ich auch Richard von Weizsäcker nicht verstanden, als er sagte, unsere Debatte gerate außer Kontrolle. Nein, Bubis, Walser und ich sind erwachsene Menschen, die im wirklich Grundsätzlichen unserer Gesellschaft nichts trennt. Warum sollten wir nicht auch einmal streiten? (…) Ich finde, daß ein so mächtiger Mann wie Ignatz Bubis den Schriftsteller Martin Walser nicht unwidersprochen einen ‘geistigen Brandstifter’ nennen darf. Das geht zu weit."

Klaus von Dohnanyi, SPD, von 1981 bis 1988 Erster Bürgermeister in Hamburg, in einem Interview mit dem Berliner "Tagesspiegel" vom 8. April 1999

 

 

"Luftangriffe belassen das Gesetz des Handelns in aller Regel bei demjenigen, der diese Angriffe zu verantworten hat, hier also bei Milosevic. Je zynischer und rücksichtsloser ein solcher Diktator mit dem Leben der eigenen Menschen umzugehen bereit ist, desto weniger kann man ihn wirklich treffen. Luftangriffe taugen deshalb nur zur Abschreckung weiterer Menschenrechtsverletzungen oder zur Ahndung solcher Verletzungen. Die Wirkung von Luftangriffen ist ... begrenzt, wie auch das Beispiel Saddam Hussein belegt. Deshalb muß die Nato ernsthaft prüfen, ob sie nicht einen begrenzten Einsatz von Bodentruppen zu realisieren bereit ist – zumindest für bestimmte strategische Positionen innerhalb des Kosovo. Diesen Schritt ... kann man nicht mehr ausschließen, wenn es nicht gelingen sollte,... das militärische Potential Milosevics auszuschalten."

Rupert Scholz, CDU-Politiker, im "Focus" vom 12. April 1999


 
Versenden
  Ausdrucken Probeabo bestellen