© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    14/99 02. April 1999


Spiritualität, Schamanismus, Parawissenschaften: Ein Blick in Esoterik-Zeitschriften
Die Magie kehrt zurück
Werner Olles

Ende März fand in Frankfurt am Main die alljährliche Esoterik-Messe statt. Hier gibt sich ein buntgemischtes Völkchen aus liebenswert-versponnenen Käuzen, cleveren Geschäftemachern und hingebungsvoll-gläubig den schwer erträglichen Platitüden selbsternannter Gurus lauschenden Jüngerinnen und Jüngern ein Stelldichein. Daneben finden sich jedoch auch zunehmend durchaus ernsthafte und ernstzunehmende Menschen, deren spirituelle Sehnsüchte und Bedürfnisse in einer Gesellschaft, die den Einzelnen als ein rein materialistisches Wesen sieht und kaum noch Identitäts- und Identifikationsangebote bereit hält, zu kurz kommen. Genau an diesem Punkt setzt die esoterische Lehre an, ausgehend von dem Bewußtsein, daß der Mensch auch ein homo spiritualis ist.

Die boomende Esoterik-Welle brachte auch eine stattliche Anzahl von Publikationen und Periodika hervor, von denen hier einige näher vorgestellt werden sollen. Kreiszeit – Die schamanische nichtalltägliche Wirklichkeitszeitung (Postfach 7, CH-8881 Walenstadtberg) erscheint dreimal jährlich und befaßt sich unter anderem mit toltekischer Magie, Pflanzen- und Tiergeistermedizin, Druiden und Kelten, Umgang und Arbeit mit den Urkräften und Visionssuchen. Von C.G. Jung und dem indianischen Weg der Traumdeutung über Seelenarbeit mit Lebenden und Verstorbenen bis zur schamanischen Arbeit mit karmischen Energien und zum keltischen Schamanismus zieht sich durch alle Themenbereiche der Versuch, verlorenes Wissen wieder in Erinnerung zu bringen und die Heutigen aus ihrer selbstverschuldeten Unwissenheit zu befreien.

Dies ist auch das Anliegen der ebenfalls dreimal jährlich erscheinenden Zeit-schrift Tattva Viveka – Forum für Wissenschaft, Philosophie und spirituelle Kunst (Schloß Weißenstein, 73111 Lauterstein). Der aus dem Sanskrit stammende Titel bedeutet, die Wahrheit von Illusion zu unterscheiden. Im Zuge der Beschäftigung mit Viktor Schauberger und Wilhelm Reich arbeitet man hier an einer Verbindung von Wissenschaft und Spiritualität und der Integration von Aspekten der Ökologie und bioenergetischen Verfahren zur Energiegewinnung, Heilung und Umweltpflege. Daneben wird auch der Faschismusvorwurf gegen die europäische Tradition des Neuheidentums thematisiert und entschieden zurückgewiesen. In der Tat hatte Hitler für die privaten Pläne Himmlers und Rosenbergs wie Gralssuche und Wewelsburg-Rituale nur Spott übrig und bezeichnete die beiden als "spinnerige Jenseitsapostel". Den Enthusiasmus für die Externsteine quittierte er gar mit Verachtung, heidnische und okkulte Gruppen wurden verboten, einzelne Heiden sogar ins KZ geworfen. Silvio Gesells Theorie des "fließenden Geldes", sein "Freigeldexperiment" und sein Konzept einer Wirtschaft ohne Zins werden ebenso kritisch untersucht wie Wilhelm Reichs Urzeugungstheorie und der Einfluß der vedischen Philosophie auf Nikola Teslas Verständnis der Freien Energie.

Efodon Synesis (Glückauf-Straße 31, 82383 Hohenpeißenberg) wird herausgegeben von der Europäischen Gesellschaft für frühgeschichtliche Technologie und Randgebiete der Wissenschaft. "Schufen Außerirdische den Menschen" fragt die Zeitschrift, weist auf die "Quantensprünge der Planeten" hin und diskutiert über Sinn und Zweck der Mars-Erkundungsmissionen. Dieser könne nur im fernen Ziel der Begegnung mit anderen Intelligenzen liegen. Ein weiterer Aufsatz zieht neue Schlußfolgerungen aus den jüngsten Forschungsergebnissen über das Alter des Schweißtuches von Jesus.

Gralswelt – Zeitschrift für Geisteskultur und ganzheitliche Zusammenhänge (Schuckertstraße 8, 71254 Ditzingen) erscheint vierteljährlich und richtet sich an die Leser, "die mehr zwischen Himmel und Erde suchen als trockenes Schulwissen, die zugleich aber auch Wert auf seriöse Information legen". So befaßt sich der Beitrag "Das UFO-Phänomen" mit unbekannten Flugobjekten und sogenannten Entführungen und versucht eine Erklärung des Phänomens. Dabei geht man von seelischen Ausnahemzuständen aus, die einen Menschen für überirdische, geistig-seelische Kontakte öffnen, wodurch die eigenen Gedankenwelten als Realität erlebt werden. In C.G. Jungs Ansicht vom kollektiven Unbewußten heißt es dazu, daß die Dinge passieren, wenn sie reif sind, und wir bekommen, was wir gutheißen. Einem Porträt Viktor Schaubergers schließt sich ein Interview mit dem Tiroler Naturforscher Johann Grander an, dessen "Wasserbelebung" sich im gesamten deutschsprachigen Raum mit großer Geschwindigkeit verbreitete.

DAO – Das Asienmagazin für Gesundheit und Lebenskunst (Bartholomäusstraße 57b, 22083 Hamburg) beschäftigt sich vor allem mit fernöstlichen Heilmethoden und will dem Leser neue Wege zur Harmonie von Körper, Geist und Seele zeigen, widmet sich aber auch der Vielzahl von Religionen und Denktraditionen, die der geistigen Begegnung von Ost und West neue Perspektiven eröffnen können.

Die andere Realität – Wissenschaftliche Zeitung für Parapsychologie, Bodenständige Esoterik und Spirituelle Ökologie (Voßstr. 218, 45966 Gladbeck) erscheint zweimonatlich im Zeitungsformat und gibt Hinweise auf aktuelle Kongresse und Foren, präsentiert Studien über "geistiges Fernheilen" bei chronisch Kranken und stellt "die sieben unterdrückten Aspekte der genialen Ur-Lehre Jesu" zu Diskussion.

Jenseits eines akademisch-wissenschaftlichen Konsensdenkens offenbart sich in diesen Publikationen eine Essenzphilosophie, die Mythenforschung betreibt, indem sie auch den vergessenen Kulten und Mysterien unserer eigenen Geschichte auf den Grund geht.

Daß dabei manches noch unausgegoren und vielleicht etwas weit hergeholt erscheint, sollte niemanden von der Lektüre abhalten. Kulturelle Arroganz war nämlich schon immer eine Ursache für den Verlust von Wissen, und Wissen geht über Intellektualismus hinaus.


 
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