© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    14/99 02. April 1999


Meldungen

Häftlinge des NS-Regimes verklagen Regierung

WARSCHAU. Polnische NS-Opfer wollen gegen die rot-grüne Bundesregierung und deutsche Konzerne vor Gericht ziehen, obwohl die Bundesregierung und etliche deutsche Konzerne eine Stiftung zur Entschädigung ehemaliger Zwangsarbeiter geplant haben. Mehr als 22.000 ehemalige NS-Häftlinge hätten beim Landgericht in Bonn Klage gegen die Bundesregierung eingereicht, sagte der Vorsitzende des polnischen Verbandes ehemaliger politischer Häftlinge in Nazi-Gefängnissen und Konzentrationslagern, Stefan Zdzislaw Kozlowski in Warschau. Die Ansprüche hierbei beliefen sich auf etwa zwei Milliarden Mark, sagte der ehemalige Stutthof-Häftling. Damit sollen Gesundheitsschäden und Eigentumsverluste abgegolten werden. Bis Mitte April seien auch Klagen gegen mehrere deutsche Unternehmen vorgesehen.

 

Südtirol: Freiheitskämpfer fordern Generalamnestie

NÜRNBERG. Die Kameradschaft der ehemaligen Südtiroler Freiheitskämpfer erinnert in diesen Tagen an die Nichterfüllung der italienischen Zusage von Kopenhagen aus dem Jahre 1969. In Kopenhagen hatten vor 30 Jahren der österreichische Außenminister Kurt Waldheim und sein italienischer Amtskollege Aldo Moro nach jahrelangen Unruhen und Befassung der UN mit dieser Frage zur Befriedung der Krisenregion Südtirol unter anderem vereinbart: Nach Abschluß des sogenannten "Südtirolpakets" erläßt Italien eine Amnestie für die ehemaligen Südtiroler Freiheitskämpfer. Denn gemäß seriöser, kompetenter Auffassung handelt es sich um Patrioten, welche in Notwehr gegen die von Italien in Südtirol verübten Verbrechen gegen die Menschlichkeit aktiven Widerstand geleistet haben. Dies wurde mit Mord, Folter, über 600 Jahren Haftstrafe und Ausweisungen geahndet. Nach wie vor können Südtiroler Freiheitskämpfer nicht in ihre angestammte Heimat reisen, ohne dort eingesperrt zu werden. Angeblich sei eine Generalamnestie im römischen Parlament wegen der starken nationalistischen Kräfte nicht durchsetzbar. Von seiten Italiens erfolgte lediglich 1993 die Aufhebung der internationalen Haftbefehle gesuchter Südtiroler Freiheitskämpfer und 1998 die Begnadigung weniger Aktivisten. Es ist ein politischer Brauch, nach Beilegung auch gewaltsam ausgetragener Konflikte Beteiligte beider Seiten zu amnestieren und damit straffrei zu stellen. In diesem Fall sind nicht nur Südtiroler Freiheitskämpfer betroffen, sondern auch italienische Polizisten, Soldaten, Justiz- und Geheimdienstangehörige, die in Morde und Folterungen verwickelt sind. Erhard Hartung, der 1. Sprecher der Kameradschaft, betont, daß die Südtiroler Freiheitskämpfer nicht um Gnade bitten, sondern lediglich ihr Recht einfordern. Es sei endlich an der Zeit, die Unrechtsurteile aufzuheben, die nach Gesetzen erfolgten, die noch aus dem faschistischen Strafgesetz stammten.


 
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