© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    14/99 02. April 1999


Milosevic und Skorzeny
von Andreas Mölzer

Militärische Einrichtungen der Serben, aber auch Verkehrswege und Rüstungsanlagen wurden nun also von der NATO-Militärmaschinerie in Grund und Boden gebombt. Das "Aggressionspotential", wie es so schön im Fachchinesisch der Militärtechnokraten heißt, über welches die Serben verfügen, soll somit entschieden geschwächt werden. Ob auch ihre Fähigkeit und insbesondere ihr Willen zu Massakern an der Zivilbevölkerung im eigenen Land, wozu ja der Kosovo noch immer gehört, gebrochen wurde, ist ungewiß. Für Europa und für ihre Nachbarn sind sie auf absehbare Zeit jedenfalls keine Gefahr mehr. Immerhin!

Nun stellt sich aber die Frage, was kommt nach den Luftschlägen. Wird man Milosevic so wie Saddam Hussein in periodischen Abständen militärisch disziplinieren, ohne ihn politisch wirklich abzuservieren? Wird man es von seiten der Völkergemeinschaft zulassen, daß ein zwar geschwächtes, dafür aber um so fanatisierteres Serbien als – zumindest nach der Belgrader Selbstdefinition – Opfer finsterer Mächte auf Dauer zum Pulverfaß wird?

Fragen über Fragen, deren Beantwortung in erster Linie mit der Innenpolitik der NATO-Staaten, insbesondere jener der USA zu tun hat. Um in Serbien tabula rasa zu machen, bedürfte es nämlich des Einsatzes von Bodentruppen. Und da ginge es dann nicht mehr ohne Opfer ab. Hundert gefallene amerikanische Gls,in Transportsäckchen angeliefert zum Heldenfriedhof von Arlington, und der US-Präsident und das Pentagon müßten sich eines veritablen Sturms von seiten der amerikanischen Öffentlichkeit erwehren. Ähnlich wäre es wohl in Deutschland, wo Kanzler Schröder und Außenminister Fischer das pseudo-pazifistische linke Spießertum ohnedies nur mit Mühe für den NATO-Einsatz zu motivieren vermögen. Dem ersten Bundeswehrsoldaten, dem in bewährter Partisanen-Manier die Genitalien abgeschnitten werden, die erste serbische Rakete, die im Hafen von Ancoma einschlägt, sie würden die psychologische Kraft der europäischen NATO-Partner gegen Null hin reduzieren.

Wenn Luftschläge allein also sinnlos sind, wenn ein Krieg zu Lande nur in eine ungeheure Metzelei ausarten kann, welche Optionen hat die NATO dann überhaupt noch? Verhandlungen mit dem Kriegsverbrecher gegen das eigene Staatsvolk Slobodan Milosevic wären nur so etwas wie eine nachträgliche Sanktionierung seiner Politik. Bliebe also nur eine Kommandoaktion à la Skorzeny: Handstreichartig müßte man sich der Kriegshetzer versichern, um sie vor ein Kriegsverbrechertribunal zu stellen.

Die politischer Führung der NATO-Staaten betonte dieser Tage unisono, keinen Krieg gegen das serbische Volk zu führen, nur gegen seine verbrecherische Führung. Dann hat aber dieses serbische Volk Anspruch darauf, von dieser Führung auch wirklich befreit zu werden.


 
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