© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    13/99 26. März 1999


Demonstration: Bürgerinitiative fordert Umbenennung des Platzes vor dem Brandenburger Tor
Aufbruch im März
Matthias Seegrün

Strahlender Sonnenschein, ein wolkenlos blauer Himmel und das Brandenburger Tor bildeten vergangenen Donnerstag die prächtige Kulisse für eine Kundgebung revolutionär Bewegter in Berlin. Vor dem Wahrzeichen des geeinten Deutschland versammelte sich ein illustrer Kreis aus 150 Berlinern und Zugereisten, um für die Umbenennung des Platzes vor dem Brandenburger Tor in "Platz des 18. März 1848" zu demonstrieren.

Hierzu aufgerufen hatte die "Aktion 18. März", die eine Vielzahl prominenter Unterstützer hinter sich weiß – so unter anderem den Schriftsteller Martin Walser und den Präsidenten des Deutschen Bundestages, Wolfgang Thierse (SPD). Die 1979 unter der Schirmherrschaft von Heinrich Albertz gegründete Initiative hatte sich damals für den 18. März als gemeinsamen Nationalfeiertag in beiden deutschen Staaten eingesetzt. Heute gilt das Engagement der parteiübergreifenden Gruppe der Bewußtmachung der demokratischen Traditionen Deutschlands von 1848 zu Beginn der Berliner Republik. Der Kreis der Unterstützer einer Unterschriftensammlung der "Aktion 18. März 1848", an der sich mehr als tausend Menschen beteiligten, umfaßt Vertreter fast des gesamten Parteienspektrums sowie namhafte Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens. Der Reigen reicht von dem Ex-Bürgerrechtler Wolfgang Templin bis zur Schriftstellerin Christa Wolf, von dem Bundestagsabgeordneten und Linksaußen der Grünen, Hans-Christian Ströbele, bis zum früheren Wirtschaftsminister Günter Rexrodt von der FDP.

Die symbolische Umbenennung des Platzes vollzogen die Bezirksbürgermeister von Mitte und Tiergarten, Joachim Zeller (CDU) und Jörn Jensen (Die Grünen), indem sie ein Straßenschild mit dem neuen Namen des Platzes befestigten und das alte überklebten. Zuvor hatten beide, ebenso wie die ehemalige Präsidentin des Abgeordnetenhauses von Berlin, Hanna-Renate Laurien (CDU), PDS-Chefin Petra Pau sowie Volker Schröder von der "Aktion 18. März", sich für die demokratischen und revolutionären Traditionen der 1848er Revolution stark gemacht und die Senatsverkehrsverwaltung aufgefordert, sich der Umbenennung nicht länger zu verschließen. Im August 1997 hatte die Bezirksverordnetenversammlung von Berlin-Mitte die Umbenennung ohne Gegenstimmen beschlossen. Doch zog kurz darauf die für Straßenbenennungen zuständige Senatsverkehrsverwaltung das Verfahren an sich und machte der Umsetzung des Vorhabens vorerst einen Strich durch die Rechnung. Hiergegen war bereits einmal in einer vergleichbaren Aktion am 18. März 1998 protestiert worden. Die Schilder waren von der Polizei nach wenigen Tagen jedoch wieder entfernt worden.

Zur Begründung ihrer ablehnenden Haltung verweist die Verkehrsverwaltung auf die 250jährige Tradition des Namens "Platz vor dem Brandenburger Tor". Frau Laurien betonte hingegen in ihrer Rede die Symbolkraft der am Brandenburger Tor gelegenen Plätze, die eine Umbenennung rechtfertigen könne: Der Erinnerung an die Befreiungskriege gegen Napoleon ("Pariser Platz") könnten so mit einem "Platz des 18. März 1848" die Freiheitsbewegungen des 19. Jahrhunderts an die Seite gestellt werden.


 
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