© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    13/99 26. März 1999


Yosemite: Schwarzbären stellen die Nationalparkverwaltung vor Probleme
Japanische Marken bevorzugt
Ulrich Karlowski

Zu viele der 250 bis 500 im kalifornischen Yosemite-Nationalpark lebenden Schwarzbären haben eine Vorliebe für Essensvorräte entwickelt, die Touristen in ihren Fahrzeugen vermeintlich sicher einschließen. Im vergangenen Jahr wurden 1103 Autos von Bären aufgebrochen, der Gesamtschaden betrug 634.595 Dollar. Es ist der bisherige Höhepunkt eines besorgniserregenden Trends. Noch 1993 traf es sechsmal weniger Autos, 1996 betrug der Schaden dann 300.000 Dollar, 1997 stieg er auf eine halbe Million. Nach einem Bericht des Wall Street-Journal spezialisieren sich die Petze sogar auf bestimmte für sie leicht zu knackende Autotypen. Honda- und Toyotalimousinen sind derzeit auf Platz eins, während amerikanische Modelle weniger Interesse finden.

Um dem Problem Herr zu werden, ließ die Parkleitung früher alle Bären, die man dreimal beim Nahrungsdiebstahl erwischt hatte, einschläfern. Doch davon hat man wieder Abstand genommen, da, wie die Parkbiologin Kathryn McCurdy meint, dies "eine gute Methode ist, alle Bären loszuwerden". So muß ein Bär jetzt schon eine Menge Schaden verursachen oder Menschen gegenüber aggressiv werden, bevor er eingeschläfert wird. Wie beim Weibchen "Nr. 2061", das bis zu sechs Autos pro Nacht aufbrach und ihre zwei Jungen erfolgreich angelernt hatte. Alle drei erhielten vor zwei Jahren die tödliche Dosis.

Über fünf Jahre wandte die Nationalparkverwaltung auf, um den Touristen beizubringen, ihre Lebensmittel nicht im Freien, sondern in speziellen bärensicheren Stahlbehältern unterzubringen. Viele Besucher lesen jedoch nur den ersten Teil der Aufforderung und lagern ihre Vorräte dann doch im Auto. Es dauerte nicht lange, bis die Bären dies herausfanden. Sind sie bei einem Autotyp fündig geworden, kann es passieren, daß sie innerhalb kurzer Zeit mehrere desselben Typs aufbrechen. Dann trifft es auch Camper, die ihre Lebensmittel nicht im Wagen lassen. Eine Technik der bepelzten Autoknacker besteht darin, ihre Tatzen in den Spalt über der hinteren Seitentür zu pressen und dann die Tür herunterzuklappen, so schaffen sich die bis zu 160 kg schweren Kraftpakete gleich noch eine bequeme Eintrittsstufe. Sehr beliebt ist auch das Einschlagen von Fenstern. Einige der tapsigen Diebe entwickelten ganz besondere Fertigkeiten, wie das 35jährige Männchen "Orange", das Autos knackt, während sich die Camper registrieren. Ein anderer hat gelernt, eine Kühlbox per Knopfdruck zu öffnen und Rücksitze ordnungsgemäß zurückzuklappen, um in den Kofferraum zu gelangen. Auch der alte Trick, den Proviant in einen Baum zu hängen, klappt nicht mehr. Die Bären wissen, was passiert, wenn sie das Seil durchbeißen oder den Ast abbrechen, an dem die kulinarischen Kostbarkeiten hängen.

Angesichts der enormen Lernfähigkeit der Schwarzbären fürchtet die Parkleitung inzwischen um ihre Lebensmittelautomaten und sogar um den Einkaufsladen. Man überlegt daher, wie man ihnen die Tricks wieder abgewöhnen kann, damit sie sich wieder ihrer natürlichen Nahrung wie Eicheln und Termiten widmen. Eine Möglichkeit wäre der Einsatz von speziell trainierten finnischen Karelian-Hunden, die die Parkplätze bewachen. Eine andere ist eine verstärkte Aufklärung der Besucher, denn, so die Naturschutzorganisation Sierra Club: "Ein von Menschen gefütterter Bär ist ein von Menschen getöteter Bär."


 
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