© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    13/99 26. März 1999


Tierschutz: Die US-Behörden intensivieren den Kampf gegen Wilderei
Die Tatzen gelten als Delikatesse
Ulrich Karlowski

Die "Special Operation to Uncouver Poaching" (SOUP) ist "die wohl umfangreichste Aktion gegen Wilderei und den illegalen Handel mit Teilen von Bären in der Geschichte der Vereinigten Staaten", sagt William Woodfin, Direktor der Virginia Jagd- und Binnenfischereibehörde. Ende Januar schlugen 110 SOUP-Agenten nach dreijährigen verdeckten Ermittlungen fast zeitgleich in Virginia, West Virginia und Neu Mexiko zu. 25 Verdächtige wurden verhaftet, Feuerwaffen, Fahrzeuge, Bargeld und zahlreiche Teile von gewilderten Bären wurden sichergestellt. Es war der zweite große Erfolg der SOUP-Einheit, nachdem sie in den vergangenen acht Monaten zwölf Verdächtige im Gebiet der Blue Rigde Mountains in Virginia verhaftet hatte. SOUP wurde von drei US-Behörden gegründet, um den ausufernden illegalen Handel mit Bärengallen und anderen Bärenteilen einzudämmen.

In Asien werden Zähne und Bärenkrallen zu Schmuck verarbeitet, ihre Tatzen gelten als Delikatesse und ihre Gallenblasen finden seit dem siebenten Jahrhundert in der traditionellen chinesischen Medizin (TCM) in Husten-, Schmerz- und Beruhigungsmitteln Verwendung. Sie sollen außerdem bei Leber- oder Herzerkrankungen helfen und zur Steigerung der Potenz förderlich sein. Neuerdings sind sogar Cremes gegen Hämorrhoiden, Anti-Kater-Tinkturen und Shampoos mit Bärengallenzusatz erhältlich. Der uralte Glaube an die angeblichen Heilkräfte der handgroßen Hohlorgane trifft heute in Asien auf immer wohlhabendere Bevölkerungsschichten, die sich das beliebte Mittel leisten wollen – und können. Die getrockneten Gallen werden zermahlen und grammweise verkauft und sind teurer als Kokain.

Mit dem Rückgang der asiatischen Bärenpopulation hat sich der Wildererdruck auf die USA, Kanada und Rußland verschoben. In den USA werden inzwischen jährlich etwa 40.000 Schwarzbären und in Rußland etwa 4.000 Braunbären gewildert, zerlegt und ihre Teile von weltweit operierenden Händlerringen nach China, Korea oder Taiwan verschoben. Die drastische Zunahme der Wilderei wird dabei ausgerechnet durch das Washingtoner Artenschutzübereinkommen (WA) begünstigt. Der Amerikanische Schwarzbär steht ebenso wie der Eisbär der Arktis und die Braunbären aus Nordamerika, Asien, Europa und Japan in Anhang II des WA, der einen legalen, aber kontrollierten Handel zuläßt. So kann man, quasi unter WA-Schutz, Gallen von gewilderten Bären mit falschen Papieren als legale Produkte deklarieren und verkaufen. Hinzu kommen legere Einfuhrkontrollen in den Verbraucherländern, die eine illegale Einfuhr erleichtern. Nach Ansicht der Bären-Spezialistengruppe der Weltnaturschutzorganisation (IUCN) bedroht der angeheizte Markt derzeit alle Bärenarten und könnte über kurz oder lang zu ihrer Ausrottung führen.

Da ein weltweites Handelsverbot für die kostbaren Bärengallen nicht in Sicht ist, wollen die US-amerikanischen Behörden die Operation SOUP zusätzlich verstärken, um den Rückgang ihrer einheimischen Bärenbestände aufzuhalten. Schon in den kommenden Wochen und Monaten soll es weitere Razzien und Verhaftungen geben.


 
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