© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    12/99 19. März 1999


Politischer Unfug
von Heinrich Lummer

Nun hat man sich auf das sogenannte Optionsmodell der FDP geeinigt – mit Ausnahme der CDU/ CSU. Was ist damit gemeint? Kinder von Ausländern, die in Deutschland geboren werden, sollen automatisch die deutsche Staatsangehörigkeit erhalten. Das "Recht des Bodens" soll umgesetzt werden. Und damit das Blut nicht zu kurz kommt, darf das Kind die Staatsangehörigkeit der Eltern behalten. Schließlich legen gerade Türken auf das Recht des Blutes Wert, das man den Deutschen nehmen will. Weil auf deutschem Boden geboren: Deutscher; weil von türkischen Eltern geboren: Türke. Bis zum 23. Lebensjahr sollen sie sich dann entscheiden. Und dann kann z. B. folgendes passieren:

Der 18jährige Doppelstaater wird zur Bundeswehr eingezogen. Da er mit 23 bei der Staatsangehörigkeit des Blutes bleiben will, verliert er die deutsche Staatsangehörigkeit, obwohl er "gedient" hat. Mit 18 begibt sich ein junger Doppelstaater in den öffentlichen Dienst, um Beamter zu werden. Mit 23 ist er nicht mehr Deutscher und kann nicht Beamter sein. Da hat einer mit 18 Jahren den Landtag mitgewählt, und mit 24 kann er den Bundestag nicht wählen, weil er sich für die Staatsangehörigkeit des Blutes entschieden hat. Da ist die unfreiwillig Auch-Deutsche gewordene Türkin, die mit 19 einen jungen Doppelstaater zur Welt bringt. Da sie die Staatsangehörigkeit des Blutes behalten will, ist sie mit 24 Türkin, und das Kind bleibt deutsch. Die Beispiele lassen sich fortsetzen, die das Optionsmodell ad absurdum führen.

Es ist politischer Unfug, der da verzapft werden soll. Dies als die Modernisierung des deutschen Staatsangehörigkeitsrechtes zu verkaufen, reizt zum Lachen. Ob das Modell der Verfassung entspricht, mag geprüft werden. Aber selbst wenn es rechtlich möglich wäre, bliebe es politischer Unfug. Nun hat die FDP darauf verwiesen, das Modell sei deshalb so vortrefflich, weil zwei Drittel der Bevölkerung ihm zustimmten. Dies ist indessen zweifelhaft, weil die Fragestellung problematisch war und die Komplexität und Folgen den Befragten nicht vor Augen waren. Die CDU/CSU täte gut daran, das Optionsmodell geschlossen zu verwerfen.

Option bedeutet die "Anwartschaft auf den Erwerb eines Rechts durch eigene einseitige Willenserklärung". Das Kind kann diese Option nicht ausüben. Also mag es dabei bleiben, daß entweder die Eltern für ihr Kind oder das Kind, wenn es erwachsen ist, entscheidet. Jeder mündige ausländische Mitbürger muß sich entscheiden, ob er Deutscher werden will. Für alle, die es wollen, steht schon heute die Tür ausreichend offen.


 
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