© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    11/99 12. März 1999


CD: Wolfgang Ambros
Austro-Rocker
von Holger Stürenburg

Mit einer neuen Plattenfirma im Rücken stellte der Wiener Wolfgang Ambros vorvergangenen Montag seine neue CD "Voom Voom Vanilla Camera" im eng gefüllten Münchner "Schlachthof" vor. Von der depressiven "Dirty old Man"-Haltung des letzten Studioalbums "Verwahrlost, aber frei" war nichts mehr zu merken, als der "Austro-Dylan" um halb neun die Bühne betrat, um zehn der elf neuen Lieder von "Voom Voom Vanilla Camera" erstmals live vor Publikum aufzuführen.

Beim Eröffner "A langer Weg" merkte man Ambros und seiner Band "Die No. 1 vom Wiener Wald" noch ein wenig die Nervosität an, aber bereits beim folgenden Stück kehrte die gewohnte Mischung aus Professionalität und Spielfreude zurück. "Es brennt wia Glut" ist eine Hommage an den im Mai 1981 bei einem Attentat getöteten Reggae-Musiker Bob Marley, den Ambros seit seiner Jugend verehrt. Nach diesem (musikalisch ein bißchen seichten) Reggae-Verschnitt kam der gute alte Rock-Ambros zum Vorschein. Daß "Feinde" ein wenig an Robert Palmers "Some Guys have all the Luck" erinnert, dürfte indes nur dessen Anwälte interessieren. Fürs Radio ist das Stück "Herz aus Gold" gedacht, eine Coverversion von Neil Young, die aufgrund ihres knarzigen Charmes auch zu einem kommerziellen Erfolg werden könnte.

Bei dem etwas new-jazzig angehauchten Lied "Teuflische Verbindung" gelingt es Ambros, die weltschmerzend-verzweifelte Stimmung des Textes ("Sein Haß und seine Verzweiflung sind an teuflische Verbindung") auf die Bühne zu bringen, ohne das Publikum anzustecken. "Untrennbar" verbunden fühlt er sich in der folgenden gleichnamigen Ballade mit seinen "Beziehungskrisen", die nur er kennt – und die auch bei ihm selbst am besten aufgehoben gewesen wären; das Lied wirkt gekünstelt.

Witzig-kabarettistisch wurde es im "Boss am Wörthersee", einem sarkastischen Lied über einen "Multifunktionär und Multimillionär", der ohne Frau und Familie an den Wörthersee reist und dort mit alten Freunden und jungen Mädchen so richtig die "Sau" rausläßt. Mit dem Gitarrenpopper "Feind beinand" leitete er den Höhepunkt des Abends ein. Zwischendurch "vergißt" Ambros jedoch, den einzigen politisch-kritischen Song des Albums vorzustellen. Im Text von "Kommt nicht in Frage" beschreibt er seine Aufgabe als "Opfer" der staatstragenden Medien in seiner Heimat.

Höhepunkt des Albums ist das neunminütige Titelstück "Voom Voom Vanilla Camera", das einen Rückblick auf Ambros’ Jugend Ende der 60er, Anfang der 70er bietet. "Voom Voom", "Vanilla" und "Camera" sind bzw. waren zu jenen Zeiten drei Wiener Kneipen, deren Ruf kaum besser war als der von Ambros in den österreichischen Medien. Musikalisch nah an The Who’s "Pinball Wizard", schreit und rappt sich Ambros durch die Untiefen seiner frühen Jahre, ohne jedoch peinlich oder verklärt zu wirken.

Die späten Sechziger und frühen Siebziger standen deutlich hörbar für das gesamte Album Pate. Ambros bleibt seinen Rock-, Westcoast und R’n’B-Rhytmen nicht nur treu, sondern klingt aktuell und frisch. Glücklicherweise vermeidet er jegliche Anbiederung an den musikalischen Zeitgeist, setzt keine tumben HipHop-Rhythmen ein, kein Techno, und sein Rap im Titelstück klingt auch mehr nach "Eric Burdon declares War", denn nach Oli P. oder Pappa Bear.


 
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