© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    11/99 12. März 1999


Zeitschriftenkritik: "spw"
Nur schwer zu verdauen
Werner Norden

spw – Zeitschrift für Sozialistische Politik und Wirtschaft erscheint zweimonatlich und versteht sich als ein Diskussionsforum sozialdemokratischer Perspektiven und Alternativen sowie als Medium des Dialogs innerhalb des linken Parteiflügels. Dementsprechend zählen zum Kreis der Herausgeber ausgewiesene linke Sozialdemokraten wie die ehemalige Juso-Vorsitzende Susi Möbbeck, die Bundestagsabgeordneten Detlev von Larcher und Horst Peter, die Alt-Linken Peter von Oetzen und Karin Benz-Overhage, sowie Edelgard Bulmahn, Ministerin im Schröder-Kabinett.

Dem Projekt einer langfristigen Zusammenarbeit von SPD und Grünen will spw eine solide programmatische Grundlage geben, wohl wissend, daß Schröder und Fischer noch keine Garantie für den sozial-ökologischen Umbau im Sinne der SPD-Linken sind. Insoweit ist es verständlich, daß spw im Schweriner Modell, der ersten offiziellen Koalition von SPD und PDS, die sich Anfang November 1998 in Mecklenburg-Vorpommern etablierte, "eine Chance für linke Politik" sieht. Die sozialdemokratische Linke arbeitet hier "für einen längeren historischen Zeitraum", wichtig sei aber vor allem, daß "die PDS als ein Stück deutscher Normalität in der Parteienstruktur fest verankert" ist. Die Spielräume, die sich dadurch für die gesellschaftliche Linke ergeben, müßten "offensiv genutzt" werden, um "die Grundwerte des demokratischen Sozialismus nicht zur bloßen Phrase verkommen zu lassen."

Da spw die klassischen linkssozialistischen Reformkonzepte vertritt, ist man mit dem ideologisch-konzeptionellen Anspruch eines "dritten Weges" im Sinne Tony Blairs und Gerhard Schröders zwar überkreuz, weiß sich aber dennoch mit der Hauptströmung der traditionellen Sozialdemokratie einig, auf "den Trümmern des Neoliberalismus agieren" zu müssen. Dieses gesellschaftspolitische Erbe teilt sie mit der Staatslinken der europäischen Sozialdemokratie, kommt aber zu teilweise anderen Antworten.

So beschäftigt man sich vor allem mit der Erarbeitung einer "alltagsrelevanten linkssozialistischen Reformkonzeption". Hierzu wird zu bundesweiten "Ratschlägen" und "Crossover-Konferenzen" eingeladen, werden gemeinsame Papiere und Plattformen entwickelt, um die gesamte Arbeit zu einer "praktischen Philosophie" zu verdichten. Dieser politkonzeptionelle Block soll langfristig eine linkssozialistische Strategie erarbeiten, die in der Lage ist, die gegenwärtige Diskussion um eine sozial-ökonomische und ökologische Erneuerung in das als richtig erkannte Fahrwasser einer "demokratischen Planwirtschaft" zu lenken.

Für Leser, die mit der trockenen linkssozialdemokratischen Programmatik und Terminologie nicht vertraut sind, ist die Zeitschrift nur schwer zu verdauen, aber auch als Gegner eines Marktradikalismus freundet man sich mit den gebotenen Thesen kaum an. Dazu haben diese ihre Untauglichkeit zu genau unter Beweis gestellt.

 

"spw" erscheint jeden zweiten Monat im spw-Verlag, Fresienstraße 26, 44289 Dortmund. Der Einzelpreis beträgt 9,50 DM, das Jahresabo kostet 63 DM.


 
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